Die Digitalisierungsstrategie der gesetzlichen Unfallversicherung

Digitalisierung ist ein Begriff, der allgegenwärtig ist. Doch oft wird er missverstanden oder falsch interpretiert. Es ist wichtig, klarzustellen, was Digitalisierung ist – und vielleicht noch wichtiger, was sie nicht ist.

Bei der Digitalisierung geht es nicht darum, rein analoge Prozesse technisch umzusetzen und beispielsweise PDF-Dokumente zur Verfügung zu stellen.

Es geht vielmehr darum, Dienstleistungen und Produkte den Kunden und Kundinnen schneller und einfacher anzubieten beziehungsweise zugänglich zu machen sowie die Interaktionen mit ihnen zu verbessern. Dies bedeutet, dass beispielsweise keine Medienbrüche, doppelten Dateneingaben oder andere Hürden auftreten sollten, die den Endnutzer bzw. die Endnutzerin irritieren oder demotivieren. Daher sind die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden und Kundinnen das A und O der digitalen Transformation eines Unternehmens.

Hierbei ist es entscheidend, analoge Prozesse aus der Kundenperspektive neu zu denken und Prozesse von Anfang bis Ende („end-to-end“) zu betrachten und zu digitalisieren. Dies erfordert stets neue, kreative Denkweisen und Umsetzungsstrategien.

Das schließt auch die Effizienzsteigerung innerhalb des Unternehmens ein. Zum Beispiel können infolge der digitalen Transformation Aufgaben schneller erledigt werden, was Zeit und Ressourcen spart. Dies trägt dazu bei, dass das Unternehmen wirtschaftlich wettbewerbsfähig bleibt.

Bei alldem spielt Digitalisierung auch eine wichtige Rolle bei der Datenverwaltung, Sicherheit und Skalierbarkeit digitaler Lösungen.

Es geht also um die nahtlose digitale Integration von Dienstleistungen und Produkten in den (Arbeits-)Alltag der Kunden und Kundinnen. Die Dienstleistungen und Produkte müssen dabei intuitiv nachvollziehbar und motivierend sein und einen Mehrwert für alle Beteiligten haben.

Dabei werden im Zuge der digitalen Transformation unterschiedlichste digitale Systeme und Technologien als das Mittel zum Zweck eingesetzt.

Was gehört nicht zur digitalen Transformation?
 

  • Umwandlung von Formularen in PDF
  • technische Umsetzung bestehender analoger Prozesse
  • reine Anwendung von Technologien wie Cloud-Lösungen oder künstlicher Intelligenz
  • ausschließlich unternehmensintern gerichtete Perspektive

Handlungsrahmen für die Arbeit der Unfallversicherung

Infolge neuer digitaler Geschäftsprozesse und Bedarfe bei ihren versicherten Unternehmen und Einrichtungen, ergeben sich auch für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (UV-Träger) neue Bedarfe an ihre Dienstleistungen. Hinzu kommen gesetzliche Vorgaben und neue Formen der Zusammenarbeit mit Ministerien, Leistungserbringern (wie Krankenhäusern), Ämtern und anderen Kooperationspartnern.

Um den digitalen Wandel im Sinne der Arbeitgebenden, Versicherten und Kooperationspartner mitzugestalten, hat die gesetzliche Unfallversicherung eine Digitalisierungsstrategie entwickelt, die den Kurs und Handlungsrahmen für ihre künftige Arbeit und Ausgestaltung aller Geschäftsbereiche aufzeigt. Übergeordnetes Ziel ist es, die Dienstleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung so zu gestalten, dass Betriebe, Einrichtungen und ihre Versicherten bestmöglich erreicht und unterstützt werden.

Um dies zu erreichen, orientiert sich die gesetzliche Unfallversicherung in ihrer Digitalisierungsstrategie an den in Abbildung 1 dargestellten sechs Zielvisionen (= Handlungsfelder).

Im Rahmen der Zielvision „Dienstleistungen“ hat die gesetzliche Unfallversicherung schon einiges bewegt. Ein Beispiel ist die Entwicklung des digitalen „Serviceportals der gesetzlichen Unfallversicherung“[1], das auf Basis des Onlinezugangsgesetzes (OZG) entwickelt wurde und seit Anfang 2023 online zugänglich ist. Im Serviceportal stehen den Betrieben, Einrichtungen und Versicherten mehr als 30 Serviceleistungen der Unfallversicherungsträger online zur Verfügung. Beispiele sind die Anzeige eines Arbeitsunfalls und das An- oder Abmelden eines Unternehmens.

Gleichzeitig liegt der Fokus auch auf der Ausrichtung und (Weiter-)Entwicklung innerhalb der gesetzlichen Unfallversicherung. „Geschäftsprozesse“ werden betrachtet, die „Digitalkompetenzen“ der Beschäftigten werden weiterentwickelt und interne „Entscheidungswege“ werden optimiert.

Dieses umfassende Vorgehen ist entscheidend, um die digitale Transformation im Sinne der Unternehmen, Einrichtungen und Versicherten erfolgreich zu gestalten. Das erfordert klare Ziele, die aktuell formuliert werden, und eine transparente Kommunikation, die alle Beteiligten in der gesetzlichen Unfallversicherung anspricht, um die digitale Transformation auch innerhalb der Unfallversicherung erfolgreich zu gestalten.

In ihrem Strategieprozess verfolgt die gesetzliche Unfallversicherung das Konzept einer lebendigen Strategie. Regelmäßig wird reflektiert und überprüft, ob die hinter den Zielvisionen formulierten strategischen Zielbilder und operationalisierten Ziele noch passend sind oder aufgrund neuer beziehungsweise geänderter gesetzlicher Anforderungen oder Kundenbedarfe angepasst werden müssen.

Die gesetzliche Unfallversicherung hat ihre Reise durch den digitalen Wandel gestartet. Mit ihrer Digitalisierungsstrategie möchte sie nicht nur die Bedürfnisse und Erwartungen der Arbeitgebenden und Versicherten ernst nehmen, sondern auch aktiv an ihrer internen Entwicklung und Effizienz arbeiten, um die digitale Transformation im Sinne aller Beteiligten erfolgreich zu gestalten. Wie sie dabei vorgeht, wird in einigen der folgenden Beiträge in dieser Ausgabe des DGUV Forums erläutert.

Abbildung 1: Die sechs Zielvisionen (Handlungsfelder) für die Digitalisierungsstrategie der gesetzlichen Unfallversicherung | © DGUV
Abbildung 1: Die sechs Zielvisionen (Handlungsfelder) für die Digitalisierungsstrategie der gesetzlichen Unfallversicherung ©DGUV