In Planung: Absicherung gegen Arbeitsunfälle für belgische Plattformbeschäftigte

Nachrichten aus Brüssel | © ©Adobe Stock/somartin
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Europa steht zusammen: Die Mitgliedstaaten sind sich in fast allen großen Fragen des Ukraine-Kriegs einig und zeigen Geschlossenheit. Auf europäischer Ebene haben der militärische Konflikt und die soziale Absicherung der geflüchteten Menschen in Europa aktuell einen – zu Recht – großen Stellenwert. Nun geht es unter anderem darum, den Menschen schnell und unbürokratisch Zugang zu den europäischen Sozialsystemen zu verschaffen. Über die soziale Sicherung sowie die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz in Europa wurde in den vergangenen Monaten aber auch an anderer Stelle diskutiert.

Die Europäische Kommission (EU-Kommission) hat Ende vergangenen Jahres einen Richtlinienvorschlag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit vorgelegt. Wenige Monate später – im Februar dieses Jahres – hat sich die belgische Regierung auf eine umfassende Arbeitsmarktreform geeinigt. Es waren harte Verhandlungen, vor allem das Schicksal der Plattformbeschäftigten hatte die belgische „Vivaldi-Koalition“[1] lange entzweit, bis schließlich eine Einigung erzielt werden konnte.

Im Zuge dessen möchte das Land nun im vorauseilenden Gehorsam Teile des Richtlinienvorschlags der EU-Kommission zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit umsetzen. Im Fokus steht eine verbesserte soziale Absicherung für belgische Plattformbeschäftigte. Aber was heißt das genau?

Ein Großteil der Plattformbeschäftigten – wie etwa Essenskurierdienste – sind abhängig beschäftigt, werden aber tatsächlich als Selbstständige eingestuft. Dadurch haben sie keinen oder nur eingeschränkten Zugang zum Sozial- und Arbeitsschutz. Der Beschäftigtenstatus spielt für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen somit eine große Rolle. Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission sieht vor, anhand von fünf Kriterien den Status festzustellen. Belgien geht noch einen Schritt weiter und plant, drei zusätzliche Kriterien hinzuzufügen. Wenn drei der acht Kriterien zutreffen, soll nach den Plänen der belgischen Regierung eine abhängige Beschäftigung vermutet werden. Der Plattformanbieter kann Widerspruch einlegen, die Beweislast soll jedoch wie im Vorschlag der EU-Kommission bei der Plattform liegen.

Eine weitere Neuerung, die Belgien vorschlagen möchte: Arbeitsplattformen sollen verpflichtet werden, die Beschäftigten gegen Arbeitsunfälle zu versichern – und das unabhängig vom Beschäftigungsstatus. Das war vor allem dem belgischen Wirtschafts- und Arbeitsministerium wichtig. Es hatte daran erinnert, dass Plattformmitarbeitende einem fünfzehnmal höheren Risiko ausgesetzt seien, einen Arbeitsunfall zu erleiden, als eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer.  

Die Kosten für den Versicherungsschutz sollen nach den Überlegungen der belgischen Regierung die Plattformen tragen. Zudem dürfen Arbeitsplattformen nicht mehr von selbstständigen Beschäftigten verlangen, exklusiv für nur eine Plattform tätig zu sein.

Bei dem Maßnahmenpaket handelt es sich aktuell noch um eine politische Einigung, die in den nächsten Wochen in einen rechtlichen Text gegossen werden muss. Auch die Sozialpartner werden dazu angehört.

Während Brüssel die Diskussion über den Richtlinienvorschlag mit 27 Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament beginnt, geht Belgien also einen mutigen Schritt voraus und möchte einige Vorschläge der EU-Kommission bereits in die Praxis umsetzen.

Die Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung hat eine Stellungnahme zu dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit veröffentlicht und wird sich auch weiterhin aktiv an der Diskussion auf europäischer Ebene beteiligen.