Hybride Arbeitsformen: Was nach Heimarbeit und Online-Meetings bleibt

Nachrichten aus Brüssel | © Adobe Stock/somartin
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COVID-19 hat die Art und Weise, wie wir arbeiten, erheblich verändert. Einige Menschen wurden arbeitslos oder haben einen Einkommensverlust erlitten. Andere begrüßen die eingetretenen Veränderungen. Werden diese Bestand haben oder erfolgt eine Rückkehr zum klassischen Nine-to-five-Modell?

Auf den ersten Blick ist mobiles Arbeiten sowohl für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen als auch für Beschäftigte verlockend und erscheint als eine Win-win-Situation. Kostenersparnis für die eine Seite, mehr Flexibilität und Arbeiten in vertrauter privater Umgebung für die andere Seite.

Aber es gibt auch erhebliche Nachteile: Beschäftigte im Homeoffice überschreiten die 48-Stunden-Grenze für die Wochenarbeitszeit doppelt so häufig wie „normale“ Beschäftigte, sie gönnen sich zu wenig Ruhe und arbeiten in ihrer Freizeit. Dies kann negative Folgen für ihre körperliche und geistige Gesundheit haben. Gewerkschaften berichten auch, dass viele Beschäftigte im Homeoffice ihre Kameras ständig eingeschaltet lassen mussten und permanente Erreichbarkeit erwartet wurde.

Das Europäische Parlament hat deshalb rasch reagiert und bereits zu Beginn des Jahres die Kommission aufgefordert, einen Legislativvorschlag für eine Richtlinie über das Recht auf Nichterreichbarkeit vorzulegen. Sie soll sicherstellen, dass durch mobile Arbeit die Beschäftigungsbedingungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht beeinträchtigt werden.

Bislang hat die Kommission weder einen Rechtsakt vorgelegt noch hat sie ihn in ihrem am 19. Oktober 2021 vorgelegten Arbeitsprogramm für das kommende Jahr angekündigt. Der für Arbeit und Soziales zuständige EU-Kommissar Nicolas Schmit hat vielmehr auf die entscheidende Rolle der Sozialpartner in diesem Bereich hingewiesen. Er erwartet, dass diese proaktiv zusammenarbeiten, um eine angemessene Lösung zum Nutzen der Beschäftigten und Unternehmen zu finden. Die EU-Kommission sei auch bereit, sie bei diesem Vorhaben zu unterstützen.

Auch die Arbeits- und Sozialminister und -ministerinnen der EU haben sich vor der Sommerpause des Themas angenommen und die Europäische Kommission aufgefordert, den Kontext und die Auswirkungen der mobilen Arbeit in der EU zu analysieren und dabei insbesondere zu untersuchen, inwieweit das geltende Sozial- und Arbeitsrecht in der EU menschenwürdige Arbeitsbedingungen für mobile Arbeit gewährleistet. Von den Mitgliedstaaten wird erwartet, ihre entsprechenden Richtlinien zu ändern oder zumindest Orientierungshilfen für alle Beteiligten zu geben. Dies soll insbesondere in Bezug auf die Gestaltung und Überwachung der Arbeitszeit sowie hinsichtlich der Risiken im Zusammenhang mit der Gleichstellung von Frauen und Männern erfolgen. Eine starke Beteiligung der Sozialpartner hierbei ist ausdrücklich gewünscht. Es soll auch einen Austausch bewährter Verfahren geben, insbesondere zu hybriden Arbeitsmodellen.

Dies verwundert nicht, denn laut einer von der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) erstellten Studie[1] [1] wollen die meisten europäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach der Pandemie immer noch teilweise von zu Hause aus arbeiten. Hybride Arbeitsplätze scheinen daher zunehmend das Modell der Zukunft: Sie sind eine Kombination aus mobilem, halbmobilem und bürobasiertem Arbeiten. Aber hat die reine Präsenzkultur damit wirklich ausgedient?

Zumindest haben die meisten Betriebe und Unternehmen seit Beginn der Corona-Pandemie Erfahrungen mit mobilen Arbeitsformen gesammelt. Und: Die oftmals kurzfristig gestemmte Umstellung hat auch bei den öffentlichen Verwaltungen wie beispielsweise den europäischen Institutionen erstaunlicherweise gut funktioniert.

Ein Zurück scheint damit unmöglich, das belegen auch viele aktuelle Studien. Die Mitgliedsländer und Sozialpartner sind hier gleichermaßen gefordert, die Zukunft der Arbeit zielgerichtet mitzugestalten.