COVID-19 und die Auswirkungen auf die Arbeitswelt

Nachrichten aus Brüssel | © Adobe Stock/somartin
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Auch wenn sich der Sommer für viele unbeschwert anfühlt, so steigen doch in vielen europäischen Ländern die COVID-19-Infektionszahlen. Die Politik scheint im Sommerloch zu stecken – verschärfte Maßnahmen werden derzeit nicht getroffen. In Belgien etwa ist die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln gefallen und in Deutschland müssen viele Menschen für Corona-Tests bezahlen. Noch scheinen die Gesundheitssysteme den neuen Infektionswellen standzuhalten. Was der Herbst bringt, ist unklar.

Neue Arbeitsformen

Es wird jedoch langsam klar, welche Auswirkungen die COVID-19-Pandemie auf die Arbeitswelt in Europa hat und mit welchen Initiativen die Politik in Brüssel gegensteuern möchte. Der wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments (EPRS) hat eine Studie veröffentlicht, die sich mit den demografischen Entwicklungen und dem digitalen Wandel vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie beschäftigt. Die Studie zeigt, dass die Pandemie die Digitalisierung und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Arbeitswelt vorangetrieben hat. Ein Beispiel ist der Zuwachs an digitalen Dienstleistungen. Während der Corona-Pandemie hat sich etwa die Anzahl der Beschäftigten, die für digitale Plattformen arbeiten, erhöht. Viele Plattformmitarbeitende fallen allerdings durch das Netz der sozialen Sicherung. Die Europäische Kommission möchte dies mit einem Richtlinienvorschlag ändern.

Eine weitere Herausforderung: digitale Kompetenzen

Mit der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt sind auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gefordert, ihre digitalen Kompetenzen zu erweitern. Laut der Studie haben die sogenannten Digital Natives – also Personen ab dem Jahrgang 1997 – hierbei deutliche Vorteile gegenüber der älteren Generation. 80 Prozent der jungen Menschen zwischen 16 und 24 Jahren in der EU haben zumindest grundlegende digitale Kompetenzen. Bei den Älteren sieht es da schon anders aus: Lediglich 33 Prozent der 55- bis 74-jährigen EU-Bürgerinnen und Bürger geben an, grundlegende digitale Kompetenzen zu haben. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird das zu einem Problem. Im Grünbuch zum Thema Altern gibt die Europäische Kommission an, dass der Beschäftigungsanteil älterer Menschen am Arbeitsmarkt steigen soll. Ohne Konzepte des lebenslangen Lernens sowie den Aufbau digitaler Kompetenzen wird dies nicht ohne Weiteres möglich sein.

Berufskrankheiten

Während der COVID-19-Pandemie nahm auch die Telearbeit an Fahrt auf. Viele arbeiteten monatelang im Homeoffice. Die Trennung von Arbeits- und Privatleben war für viele nicht existent. Das Europäische Parlament hat nun die psychische Gesundheit in der digitalen Arbeitswelt in den Fokus gerückt und hierzu eine Entschließung angenommen. Die Europäische Kommission wird darin aufgefordert, in Absprache mit den Sozialpartnern die Empfehlung von 2003 über die europäische Liste der Berufskrankheiten zu überarbeiten. Vor dem Hintergrund der sich wandelnden digitalen Arbeitswelt soll sie unter anderem um arbeitsbedingte psychische Störungen ergänzt werden, insbesondere um Depressionen, sogenannte Burn-outs, Angst und Stress. Die Abgeordneten fordern darüber hinaus, die Liste in eine Richtlinie umzuwandeln, und zwar mit einer Mindestliste von Berufskrankheiten und Mindestanforderungen für ihre Anerkennung und Entschädigung der Betroffenen. Unabhängig davon hat sich der Beratende Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (ACSH) darauf geeinigt, dass COVID-19 als Berufskrankheit in den Bereichen Gesundheit, Soziales und häusliche Betreuung sowie in Branchen mit nachweislich erhöhtem Infektionsrisiko anerkannt werden sollte. Die Europäische Kommission wird nun die europäische Liste der Berufskrankheiten entsprechend anpassen. Die meisten Mitgliedstaaten haben zwar mitgeteilt, dass sie eine COVID-19-Infektion im Einklang mit den jeweiligen nationalen Vorschriften als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit anerkennen – so auch Deutschland. Dennoch ist dieser Schritt wichtig, um in allen Mitgliedstaaten die Anerkennung von COVID-19 als Berufskrankheit zu fördern.

Es wird deutlich: Auch wenn in den Sommermonaten in der Bevölkerung das Thema COVID-19 mehr in den Hintergrund gerückt zu sein scheint, geht die EU das Thema an und plant politische Initiativen. Es gilt hier vorausschauend zu handeln und die europapolitische Diskussion engmaschig zu begleiten.