Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – das tut sich in Brüssel

Nachrichten aus Brüssel | © Adobe Stock/somartin
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Wir verbringen viel Zeit auf oder mit der Arbeit. 2019 waren laut Destatis Vollzeiterwerbstätige in der EU durchschnittlich 41,1 Stunden in der Woche für ihren Arbeitgeber tätig. Schaut man nach Deutschland, zeigen sich kaum Unterschiede. In der Bundesrepublik betrug die Wochenarbeitszeit in Vollzeit 41 Stunden. Klar ist auch: Aufgrund des demografischen Wandels wird das Renteneintrittsalter weiter steigen – in der gesamten EU.

Voraussetzung für eine lange Erwerbstä­tigkeit ist die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Der Gesundheitsschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nimmt in der europäischen Politik deshalb einen wichtigen Stellenwert ein und be­trifft eine große Bandbreite verschiedener Themen, wie beispielsweise die Verwirk­lichung der „Vision Zero“, den Schutz vor Exposition gegenüber Gefahrstoffen, wie Asbest, die psychische Gesundheit am Ar­beitsplatz bis hin zur Diskussion um ein Recht auf Nichterreichbarkeit. Vor allem der digitale, der ökologische und der de­mografische Wandel wirken sich auf die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz aus. Deswegen gibt es zunehmend Initia­tiven des Europäischen Parlaments sowie der Europäischen Kommission, die darauf abzielen, die Arbeitsplätze für den ökologi­schen, digitalen und demografischen Wan­del fit zu machen. Dies hat die EU-Kommis­sion auch in ihrem Strategischen Rahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit 2021-2027 deutlich gemacht. Es lohnt also ein Blick nach Brüssel.

Im März verabschiedete das Europäische Parlament eine Entschließung zum „Neu­en strategischen Rahmen der EU für Ge­sundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz für die Zeit nach 2020“. Der Bericht wur­de mit deutlicher Mehrheit angenommen. Zwar handelt es sich bei der Entschließung nur um einen Entschluss der Europaabge­ordneten, der keinen rechtlich bindenden Charakter hat. Allerdings ist dieser häufig mit Forderungen an die Europäische Kom­mission verbunden, in einem bestimmten Bereich aktiv zu werden. Deswegen sollte man sich nicht einfach zurücklehnen und abwarten. Es lohnt sich vielmehr, genauer hinzusehen und bei Bedarf zu versuchen, mögliche negative Entwicklungen zu ver­hindern. Ein zentrales Anliegen der Europa­abgeordneten ist, den Gesundheitsschutz und die Sicherheit von Beschäftigten in ganz Europa weiter zu stärken. Der Präven­tionsgedanke steht dabei im Vordergrund.

Die COVID-19-Pandemie und auch der digi­tale Wandel haben das Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz noch stärker in den Vordergrund gerückt. Zunächst geht es um das Thema „Telearbeit“. Die Europa­politikerinnen und -politiker fordern die Europäische Kommission in der Entschlie­ßung auf, Mindestanforderungen für die Arbeit im Homeoffice festzulegen. Darü­ber hinaus hat das Europäische Parlament auch weitreichende Forderungen zur Re­duzierung von psychosozialen Risiken am Arbeitsplatz. Die Europäische Kommission soll nach dem Wunsch der Abgeordneten eine Richtlinie über psychosoziale Risi­ken und das Wohlbefinden bei der Arbeit auf den Weg bringen. Zudem wird sie auf­gefordert, Angstzustände, Depressionen und Burnouts als Berufskrankheiten an­zuerkennen, Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und die berufliche Wiederein­gliederung der Betroffenen am Arbeitsplatz besser zu gestalten.

Die Europaabgeordneten fordern darü­ber hinaus auch einen Fahrplan zur Re­duzierung von Arbeitsunfällen. Die Prä­vention von Arbeitsunfällen soll hierbei eine wichtige Rolle spielen. Beispielswei­se sollen nach den Wünschen der Parla­mentarier Aufsichtsbehörden, nationale Gesundheits- und Sicherheitsdienste so­wie der Dialog mit den Sozialpartnern ge­stärkt werden.

Einen besonderen Schutz sollen zudem Mitarbeitende erhalten, die am Arbeits­platz gefährlichen Stoffen ausgesetzt sind. Aber das Thema bewegt nicht nur das Europäische Parlament, sondern auch die Europäische Kommission. Im Rahmen des strategischen Rahmens für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2021-2027 hat diese beschlossen vorzuschlagen, ver­schiedene Expositionswerte abzusenken, etwa bei Asbest und krebserregenden Stof­fen. Die bestehende Asbestrichtlinie aus dem Jahr 2009 soll überarbeitet und der Grenzwert angepasst werden. Im Rahmen der Chemikalienstrategie soll zudem der in Deutschland geltende Risikoansatz gestri­chen und ein rein gefahrenbasierter Ansatz verfolgt werden. Hier erwarten wir noch in diesem Jahr eine Anpassung der REACH-Verordnung.

Die Entschließung des Europäischen Par­laments und die Gesetzesinitiativen der Kommission zeigen, wie sehr das Thema Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz auf EU-Ebene fokussiert wird. Jetzt ist die Zeit, um mit EU-Politikerinnen und Poli­tikern das Gespräch zu suchen, und prak­tikable Lösungsvorschläge aufzeigen, die den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in ganz Europa stärken.