Die Auslandsunfallversicherung unterliegt nicht der Versicherungssteuer bei Unfällen im Ausland

Entgelte für Auslandsunfallversicherungen im Sinne von § 140 Abs. 2 SGB VII für Beschäftigte, die bei Tätigkeit im Ausland weder aufgrund des Territorialprinzips noch nach den Regelungen der sogenannten Ausstrahlung (vgl. § 4 SGB IV) oder des überstaatlichen und zwischenstaatlichen Rechts unter Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung stehen, unterliegen nicht der Versicherungssteuerpflicht gemäß § 1 Versicherungssteuergesetz (VersStG.)

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10. Juni 2020 – V R 48/19

Mit dem vorliegenden Urteil wird ein länger geführter Rechtsstreit der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) mit dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) über die Steuerbarkeit der mit der Auslandsversicherung gemäß § 140 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VII vereinnahmten Entgelte endlich beendet. In letzter Instanz hat der klagende Unfallversicherungsträger als ein Vertreter der sogenannten Gemeinsamen Einrichtung erfolgreich die Versteuerung der Entgelte, die als Beitragsprämien zur Auslandsversicherung dienen, abgewehrt. Es kommt allerdings nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) noch darauf an, ob die im Ausland tätigen Personen tatsächlich an einer im Ausland liegenden Betriebsstätte eingesetzt waren, wozu das Finanzgericht (FG) keine Feststellungen getroffen hatte. Denn der tatsächliche Einsatzort spielte nach dem entgegengesetzten Urteil des FG Köln keine Rolle, weil das Gericht der Ausübung der Tätigkeit der Versicherten im Ausland keine maßgebliche Bedeutung für die Steuerbarkeit beigemessen hatte; vielmehr war es wie zuvor das BZSt, das für den im Inland ansässigen Arbeitgeber durch den Versicherungsschutz bewirkte Haftungsfreistellung für entscheidend hielt.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Versicherungsteuergesetz (VersStG) unterliegt ein Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der sich im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union niedergelassen hat, der Steuerpflicht, wenn der Versicherungsnehmer keine natürliche Person ist und sich bei Zahlung des Versicherungsentgelts der Sitz des Unternehmens, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung, auf die sich das Versicherungsverhältnis bezieht, im Geltungsbereich dieses Gesetzes befindet. Im Falle der Auslandsunfallversicherung habe das FG den örtlichen Bezug des Versicherungsverhältnisses zum Inland rechtsfehlerhaft schon deshalb bejaht, weil der Schutz durch die Auslandsversicherung „zu einem Haftungsausschluss des Versicherungsnehmers gegenüber dem versicherten Arbeitnehmer führe, der dem Sitz des Versicherungsnehmers im Inland zuzurechnen sei“. Demgegenüber hat der BFH in seinem Urteil unter Rückgriff auf einschlägige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ein im Inland belegenes Versicherungsverhältnis erst dann gesehen, wenn sich das Versicherungsverhältnis auf einen Ort im Inland bezieht, wenn also im Inland das versicherte Risiko liegt: „Ist damit der Ort der Belegenheit des Risikos als der Ort maßgebend, an dem die Tätigkeit ausgeübt wird, deren Risiko durch den Vertrag gedeckt wird, muss auf konkrete und physische Merkmale statt auf rechtliche Merkmale abgestellt werden (…).“ 

Mit der ausschließlichen Anknüpfung an die geografische Belegenheit des Risikos ist nach Auffassung des Gerichts allein entscheidend, dass sich die versicherten Risiken (das heißt die im Versicherungsvertrag bezeichneten Schäden in Bezug auf den Unfall oder eine Berufskrankheit), die versicherte Personen im Ausland erleiden, am Ort der Belegenheit im Ausland verwirklichen. Damit sei allein der Aufenthaltsort der versicherten Person als konkretes und physisches Merkmal zur Bestimmung des Risikoorts heranzuziehen und führe zu einer Einrichtung im Sinne des Wortlauts von § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VersStG, die dann einer Betriebsstätte entspreche und auf die sich das Versicherungsverhältnis bezieht. Die vereinnahmten Beiträge zur Auslandsversicherung dürften damit nicht mit der Versicherungssteuer gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VersStG belastet sein.

Die Entscheidung ist vollends zu begrüßen und stellt die Zweifelsfragen, die sich ohnehin an das Finanzierungssystem der Auslandsversicherung stellen, zunächst einmal zurück, da die ohnehin für Großschäden oder bedeutsame finanzielle Risiken aus einer weltweiten Pandemie wenig tragfähigen Umlagen nicht noch mit der 19-prozentigen Versicherungssteuer belegt werden.