Von null auf digital – Fortbildungsangebote bei den Landesverbänden der DGUV

Mit neuen E-Learning-Angeboten haben die Landesverbände der DGUV nicht nur ihre medizinischen und therapeutischen Beteiligungsverfahren in der Pandemiezeit sicherstellen können, sondern auch eine innovative Form der Wissensvermittlung implementiert.

Die Pandemie als Treiber

Aufgrund der Einschränkungen der Pandemie mussten auch die Landesverbände der DGUV neue Wege finden, um die verpflichtenden Fortbildungen für Medizinerinnen und Mediziner sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten fortzuführen. Hilfreich waren in dieser Situation Überlegungen zu einer Digitalisierung des Lernangebotes, die bereits vor der Pandemie angestellt worden waren.

Ausgangslage

Der Einführungslehrgang in die Durchgangsarzttätigkeit ist verpflichtend für alle Ärztinnen und Ärzte, die eine Beteiligung am Durchgangsarztverfahren oder die Anerkennung als ständige Vertretung im Durchgangsarztverfahren der DGUV anstreben. Der absolvierte Lehrgang darf zum Zeitpunkt der Antragstellung beziehungsweise Aufnahme der Durchgangsarzt- oder Vertretertätigkeit nicht älter als zwei Jahre sein.[1] Alle sechs Landesverbände der DGUV boten bisher einen Einführungslehrgang pro Jahr als Präsenzveranstaltung in einem tagesfüllenden Format an. Neben Mitarbeitenden der Landesverbände waren auch Beschäftigte von Unfallversicherungsträgern sowie Ärztinnen und Ärzte als Referierende tätig. Die Themen des Einführungslehrgangs wurden hinsichtlich der mindestens notwendigen Basisinformationen zwischen den Landesverbänden abgestimmt. Die Ausgestaltung der Inhalte der einzelnen Vorträge oblag im Detail jedoch den Referierenden. Allein dieser Umstand führte teilweise zu abweichenden Fassungen.

Analog zur Beteiligung am Durchgangsarztverfahren ist auch im Rahmen der Beteiligung am Psychotherapeutenverfahren der DGUV die Absolvierung eines Einführungslehrgangs für interessierte Therapeutinnen und Therapeuten obligatorisch. [2] Die Aussagen zum Einführungslehrgang in die Durchgangsarzttätigkeit treffen hier gleichermaßen zu.

Die Anzahl der Teilnehmenden in den Präsenzveranstaltungen war durch die örtlichen Voraussetzungen limitiert. Eine Lernerfolgskontrolle fand nicht statt. Die bloße Anwesenheit war für das erfolgreiche Absolvieren des Lehrgangs ausreichend. Das Einzugsgebiet umfasste für jede Veranstaltung das gesamte Bundesgebiet. Eine Auswertung des Landesverbandes Nordost der DGUV dazu ergab, dass etwa zwei Drittel der Teilnehmenden nicht aus dem eigenen regionalen Zuständigkeitsgebiet kamen. Das bedeutet – neben den ökologischen Auswirkungen –, dass für die Teilnahme an den Lehrgängen ein nicht unerheblicher Zeitaufwand für die An- und Abreise der Teilnehmenden anfiel. Das heterogene Einzugsgebiet wirkte sich zusätzlich auf die regionale Vernetzung eher nachteilig aus.

Eine hervorragende Alternative zu einem Präsenzseminar, spart zudem noch Zeit, Geld und persönliche Ressourcen. Also rundherum sehr gelungen.“

Ein seit 11.04.2022 teilnehmender Psychotherapeut aus Nordrhein-Westfalen

Von der Videokonferenz zum Online-Seminar

Die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie haben kurzfristig dazu geführt, dass die Einführungslehrgänge der Landesverbände der DGUV in reinen Online-Formaten durchgeführt werden mussten. Mit hohem Aufwand wurde dazu kurzfristig ein Konzept entwickelt und umgesetzt.

Diese Angebote umfassten eine Wissensvermittlung im Vorfeld über vorproduzierte Lernvideos, eine zentrale Live-Online-Session und eine Lernerfolgskontrolle im Nachgang.

Durch das digitale Format konnten auch in der Pandemie bundesweit und mit hoher Beteiligung alle interessierten Ärztinnen und Ärzte sowie Therapeutinnen und Therapeuten erreicht und somit Neubeteiligungen am Durchgangsarzt- und am Psychotherapeutenverfahren sichergestellt werden.

Der Initialaufwand bei den Landesverbänden der DGUV durch die kurzfristige Umstellung konnte teilweise dadurch kompensiert werden, dass die vorproduzierten Lernvideos im On-Demand-Teil mehrfach genutzt wurden.

Die Ergebnisse der Evaluation haben gezeigt, dass der Aufwand honoriert wurde. Die Resonanz der Teilnehmenden auf dieses Format war durchweg positiv:

  • Auf die Aussage „Ich würde grundsätzlich dieses Seminarformat (online) auch zukünftig nutzen, um mich regelmäßig fortzubilden“ haben 78 Prozent der Teilnehmenden mit „trifft zu/trifft genau zu“ geantwortet.
  • Das Online-Format haben 82 Prozent der Teilnehmenden mit „gut“ und „sehr gut“ bewertet.

Gleichwohl hat allein die Live-Online-Session bereits personell deutlich mehr Ressourcen gebunden als die Präsenzseminare zuvor als Ganzes. Hinzu kamen erhöhte Aufwände für technische Ressourcen und ein deutlich höherer finanzieller Aufwand. Letzterer hat sich in den Folgeveranstaltungen stetig erhöht.

Auch deshalb haben sich die Fachreferentinnen und Fachreferenten aller Landesverbände der DGUV in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit einer möglichen ressourcenschonenderen Neuausrichtung der Einführungslehrgänge beschäftigt. Schnell und agil waren hierbei die entscheidenden Schlagworte. Dank neuer IT-Möglichkeiten hat sich eine standortübergreifende Arbeitsgruppe der Landesverbände im Rahmen des agilen Projektmanagements[3] der Sache angenommen.  

Es wurde ein Konzept entwickelt, wonach die Einführungslehrgänge zukünftig dauerhaft webbasiert im Internet angeboten und absolviert werden können. Hierzu wurden in Zusammenarbeit mit einem Filmproduktionsstudio in Berlin Videos mit den relevanten Fachinhalten produziert und im Rahmen eines modularen On-Demand-Angebots auf der E-Learning-Plattform ILIAS im Internet zum Abruf bereitgestellt. Interessierte haben so die Möglichkeit, zeit- und ortsunabhängig die Informationen abzurufen und den jeweiligen Lehrgang im Internet Schritt für Schritt zu absolvieren. Zur Qualitätssicherung sind von den Teilnehmenden sogenannte Lernkontrollfragen zum Ende eines jeden Moduls online zu beantworten. Haben die Teilnehmenden alle Module erfolgreich absolviert, wird die Teilnahmebescheinigung automatisiert generiert und digital zur Verfügung gestellt.

Das neue Angebot bringt eine Vielzahl an Vorteilen mit sich:

  • Flexibles Lernen: Das Angebot ist jederzeit im Internet von jedem Ort aus abrufbar.
  • Wann welche Inhalte und in welchem Umfang absolviert werden, kann von den Teilnehmenden selbst bestimmt werden.
  • Modularer Aufbau: Die Inhalte können Schritt für Schritt bis zum Prüfungserfolg erarbeitet werden.
  • Die Inhalte sind standortunabhängig für alle Teilnehmenden absolut identisch.
  • Der Lernerfolg wird überprüft.
  • Die Nachhaltigkeit der Lernangebote wird gefördert.
  • Vielfacher Reiseaufwand wird vermieden.
  • UV-spezifisches Wissen kann ohne Zeitverlust bereits vor der Beteiligung an den DGUV-Verfahren an ein breiteres Publikum vermittelt werden.
  • Es handelt sich um ein weitestgehend automatisiertes Verfahren.

Mit einem kostenfreien „Freemium“-Zugang können alle Interessierten sämtliche Lernvideos des jeweiligen Einführungslehrgangs ansehen. Der „Premium“-Zugang (Kosten derzeit für das Durchgangsarztverfahren: 40 Euro/für das Psychotherapeutenverfahren: 30 Euro) ermöglicht den Teilnehmenden nach erfolgreicher Beantwortung diverser Lernkontrollfragen zusätzlich den Erwerb des Teilnahmezertifikats.

Der für die Anmeldung auf der E-Learning-Plattform erforderliche Registrierungslink kann samt Registrierungscode über die Internetseite der Landesverbände der DGUV angefordert werden.

Die Inhalte des E-Learning-Angebots sind nicht nur für Ärztinnen und Ärzte sowie für Therapeutinnen und Therapeuten, sondern auch für Mitarbeitende der Unfallversicherungsträger interessant. Auf Wunsch können deshalb auch deren Beschäftigte Zugang zu den Lehrgängen erhalten. Darüber hinaus können Interessierte durch den Freemium-Zugang bei Bedarf auch gezielt nur einzelne für sie inhaltlich relevante Teile der Lerninhalte abrufen. So kann beispielsweise Assistenzpersonal aus ärztlichen und therapeutischen Praxen, für das bei der Aufnahme von Patientinnen und Patienten der gesetzlichen Unfallversicherung die Inhalte im Modul zum Kreis der versicherten Personen besonders einschlägig sind, die Lerninhalte kostenfrei und gewinnbringend nutzen.  

Insbesondere der direkte und regionale Kontakt zu den Akteurinnen und Akteuren vor Ort zeichnet die Landesverbände aus. Damit der persönliche Austausch mit den Leistungserbringenden durch die Wahl dieses Formats nicht verloren geht, werden die E-Learning-Angebote zukünftig durch regionale Erfahrungsaustausche in Präsenz ergänzt. Diese werden durch die einzelnen Landesverbände organisiert und geben sogar mehr Raum für Fragen, Abgleich und Vernetzung.

Zwischenzeitlich liegen nicht nur die ersten rein digital erworbenen Zertifikate zur Beteiligung vor. Auch die Rückmeldungen der Teilnehmenden zu den neuen Lernangeboten zeichnen ein positives Bild.

Im Rahmen der aufwendigen Erarbeitung dieses neuen Produktes waren neben den Mitarbeitenden der Landesverbände der DGUV auch viele Kolleginnen und Kollegen der Unfallversicherungsträger sowie Medizinerinnen und Mediziner mit eigenen Fachbeiträgen beteiligt. Diesen gilt ein besonderer Dank.

Weitere Informationen zum neuen E-Learning-Angebot finden sich auf der Internetseite der Landesverbände.

Für Rückfragen stehen außerdem die Projektverantwortlichen, im Bereich Psychotherapeutenverfahren Benjamin Bley (Landesverband Nordwest) und im Bereich Durchgangsarztverfahren Jan Dierchen (Landesverband Nordost und Leiter der AG Digitale Veranstaltungsformate der Landesverbände), zur Verfügung.