Kampf gegen den Krebs – auch in Corona-Zeiten eine Priorität der EU
Anfang des Jahres hatte die Europäische Kommission den Startschuss für die Arbeit an einem europäischen Krebsfahrplan gegeben. Dann kam das neue Coronavirus und überschattete in den vergangenen Monaten das Leben vieler Menschen auf der ganzen Welt. Corona dominierte aber auch die politische Agenda, nicht nur der nationalen Regierungen, sondern auch der Europäischen Union. Die Pandemie kostete viele Menschenleben und stellte alle Bereiche des Lebens auf den Kopf, gesundheitlich, politisch, sozial und wirtschaftlich.
Doch schwere und chronische Erkrankungen wie Krebs haben deshalb keine Pause eingelegt. Vielmehr waren die Auswirkungen der Pandemie für Menschen mit schweren Erkrankungen wie Krebs besonders drastisch zu spüren. Für sie bestand ein erhöhtes Infektionsrisiko in Behandlungszentren, das Risiko von schweren Komplikationen. Behandlungen und Kontrollen wurden aufgeschoben oder abgesagt.
Ein wichtiges Zeichen setzt daher das Europäische Parlament mit der Gründung eines Sonderausschusses zur Krebsbekämpfung. Die Europaabgeordneten möchten damit den Kampf gegen den Krebs zu einer Top-Priorität für die gesamte Europäische Union machen.
Der Entschluss des Europäischen Parlaments hierzu fiel bereits im Januar. Die Gründung erfolgte nun mit einer Auftaktveranstaltung am 1. Juli, an der auch EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sowie zahlreiche Krebs-Verbände teilnahmen.
Der Sonderausschuss aus 33 Abgeordneten hat ein zwölfmonatiges Mandat. Er hat die Aufgabe, Möglichkeiten für konkrete Maßnahmen der EU zu evaluieren, Rechtsvorschriften und Maßnahmen zu ermitteln, die zur Vorbeugung und Bekämpfung von Krebs beitragen können, und zu prüfen, wie die Forschung wirkungsvoll unterstützt werden kann.
EU-Gesundheitskommissarin Kyriakides betonte in der Auftaktveranstaltung, dass der Kampf gegen Krebs auch durch die COVID-19-Pandemie nicht aus den Augen verloren wurde. Die Pandemie habe vielmehr die Schwachstellen deutlich hervorgehoben, die nun angegangen werden müssten. Hierfür stehe auch ein entsprechend hohes Budget im neuen Gesundheitsprogramm EU4Health zur Verfügung.
Auch das Programm der deutschen Ratspräsidentschaft nennt den europäischen Krebsplan als bedeutendes Vorhaben im Bereich Gesundheit. Es bleibt abzuwarten, wie Deutschland dies im Rahmen seiner Ratspräsidentschaft konkret angehen wird. Eines der Präsidentschaftsthemen soll jedenfalls das Vorantreiben des vierten Pakets der Krebsrichtlinie sein. Darin sollen neue oder überarbeitete verbindliche Grenzwerte bei der Arbeit für drei weitere krebserregende Stoffe – Acrylnitril, Benzol und Nickelverbindungen – vorgeschlagen werden. Die EU-Krebsrichtlinie (Richtlinie 2004/37/EG) soll Beschäftigte gegen die Gefährdung durch Karzinogene und Mutagene bei der Arbeit schützen.
Bereits vor Beginn der COVID-19-Pandemie hatte die EU-Kommission die Öffentlichkeit nach Impulsen und Anregungen und dem möglichen Inhalt eines europäischen Krebsplans befragt. Auch die deutsche Sozialversicherung hatte sich geäußert. In ihrer Stellungnahme hat sie gefordert, dass auch insbesondere das berufliche Umfeld in der Prävention berücksichtigt werden muss. Weitere vorgebrachte Aspekte waren die Preisgestaltungen von Therapien und das große Potenzial der Digitalisierung. Ein europäischer Gesundheitsdatenraum könnte beispielsweise den Austausch von relevanten Informationen sowie die Forschung zu Präventionsstrategien und Therapien fördern. Hier sind jedoch noch viele Fragen zu klären.
Ende des Jahres möchte die Europäische Kommission nun den Krebsplan veröffentlichen. Es ist zu erwarten, dass er sich schwerpunktmäßig mit den Themen Vorbeugung, Früherkennung, Behandlung und Nachsorge von Krebs beschäftigen wird.
Vor allem die Prävention wird mit großer Wahrscheinlichkeit einen besonderen Stellenwert einnehmen, da Forschungen ergeben haben, dass 40 Prozent aller Krebsfälle vermeidbar wären. Das betrifft auch Lungen- und Kehlkopfkrebs infolge von Kontakt mit Asbest oder Hautkrebs durch arbeitsbedingte UV-Strahlung. Es wird daher erwartet, dass dem Arbeitsschutz im Krebsplan eine entsprechende Bedeutung eingeräumt wird.
Der nun gegründete Sonderausschuss wird den europäischen Krebsplan begleiten und dessen einzelne Vorhaben bewerten.