Psychische Belastung und Beanspruchung während der Coronavirus-Pandemie

Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen stellen die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 oder das Risiko, daran zu erkranken, und die tiefgreifenden Maßnahmen zur Eindämmung des Virus haben viele Menschen psychisch sehr gefordert.

Nicht alle Menschen sind gleichermaßen betroffen

Eingeschränkte Sozialkontakte, Homeschooling und Wegfall von Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, Arbeitsplatzunsicherheit oder Existenznöte zum Beispiel aufgrund von Kurzarbeit – all dies kann sich auf die psychische Gesundheit auswirken. Durch die Pandemie haben sich die Lebensumstände vieler Menschen drastisch verändert. Von diesen Veränderungen und ihren Folgen für die psychische Gesundheit sind jedoch nicht alle Menschen gleichermaßen betroffen. Die NAKO-Gesundheitsstudie[1] hat ergeben, dass insbesondere junge bis mittelalte Menschen über eine Zunahme von Angst- und Depressionssymptomen klagen. Der selbst wahrgenommene Stress stieg in allen Altersgruppen und bei beiden Geschlechtern im Frühjahr 2020 an. Stark hiervon betroffen waren aber Frauen zwischen 30 und 49 Jahren, die von einem besonders hohen Stresslevel berichteten (Peters et al., 2020). Um der Pandemie zu begegnen, werden viele Maßnahmen ergriffen mit dem Ziel, direkte Kontakte zwischen Menschen zu verringern und somit auch die Infektionsgefahr zu reduzieren. Damit einher geht zwangsläufig eine stärkere soziale Isolation einer und eines jeden Einzelnen. Im Mai 2020, also während des ersten Lockdowns, nahmen sich 31,7 Prozent der Studienteilnehmenden als einsam wahr. Hiervon waren Frauen und junge Menschen deutlich häufiger betroffen als ältere Personen und Männer (Berger, Riedel-Heller, Pabst et al., 2021).

Darüber hinaus gibt es Menschen, die die Pandemie besonders trifft. Dies sind beispielsweise Erkrankte oder deren Angehörige, medizinisches und Pflegepersonal, aber auch Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen, die ein besonders hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Der Wegfall von Hilfsangeboten oder gewohnten Alltagsstrukturen und Sozialkontakten kann für diese Gruppe ebenso wie für ältere und pflegebedürftige Menschen eine besondere Belastung darstellen.

Aber auch für Familien, Kinder und Jugendliche bedeutet die Pandemie eine massive Einschränkung. Schulen und Kitas waren immer wieder geschlossen, Kontakte mit Freundinnen, Freunden und Familienmitgliedern eingeschränkt und die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung begrenzt. 71 Prozent der Kinder und Jugendlichen berichten in der COPSY-Studie[2], durch die Pandemie und die damit einhergehenden Veränderungen belastet zu sein. Hierbei fielen Homeschooling, weniger Kontakt mit Freundinnen und Freunden sowie häufiger Streit in der Familie besonders ins Gewicht. Darüber hinaus stieg die Prävalenz für psychische Auffälligkeiten: Während der Pandemie wurden für fast jedes dritte Kind psychische Auffälligkeiten berichtet. Vor der Pandemie lag dieser Wert bei 17,6 Prozent. Vor große Herausforderungen stellt die Pandemie auch Eltern: Gut 75 Prozent von ihnen fühlten sich durch die erste Welle der Pandemie belastet (Ravens-Sieberer, Kaman, Otto et al., 2021).

Präventionsansätze im Arbeitskontext

Die derzeitige Studienlage deutet darauf hin, dass auch bei individuellen Unterschieden die grundsätzliche psychische Beanspruchung zugenommen hat (zum Beispiel Skoda, Spura, De Bock et al., 2021; Peters et al., 2020). In allen Lebensbereichen sollte daher das Thema „psychische Belastung“ in den Blick genommen werden. Gerade für den Arbeitskontext ergeben sich aufgrund der Pandemie spezifische Gefährdungen, gegen die Schutzmaßnahmen ergriffen werden können. Dies kann beispielsweise die Arbeitsorganisation betreffen, wenn aufgrund von Homeoffice die Grenzen zwischen Arbeitszeit und privater Zeit verschwimmen. Hier helfen Absprachen zu festen Zeiten der Erreichbarkeit. Manche Beschäftigte arbeiten deutlich über ihre vereinbarte Arbeitszeit hinaus und gefährden ihre eigene Gesundheit im Interesse des beruflichen Erfolgs. In einem solchen Fall wird von interessierter Selbstgefährdung gesprochen. Im Homeoffice ist dies durch Vorgesetzte und Kolleginnen oder Kollegen deutlich schwieriger festzustellen. Bei Anzeichen von ständiger Erreichbarkeit und überlangen Arbeitszeiten sollte dies entweder im Einzelgespräch oder gegebenenfalls im Team angesprochen werden.

Im Bereich der sozialen Beziehungen hat die Pandemie auch im Arbeitskontext zu Veränderungen geführt. Durch die notwendige soziale Distanzierung, Hygiene- und Abstandsregeln, aber auch vermehrtes Homeoffice, kann es zu deutlich weniger Kontakt unter Kolleginnen und Kollegen, aber auch mit Vorgesetzten kommen. Damit dies nicht zu fehlender sozialer Unterstützung und Kollegialität führt, sollte die Kommunikation untereinander zu jeder Zeit aufrechterhalten und gefördert werden. Hierzu können regelmäßige virtuelle Teammeetings oder gemeinsame Kaffeepausen am Telefon eingeführt werden. Wichtig ist ein achtsamer und wertschätzender Umgang im Team.

Weitere pandemiebedingte Veränderungen in der Arbeitswelt können den Arbeitsinhalt oder die Arbeitsaufgabe betreffen, zum Beispiel bei fehlenden Handlungsanweisungen, inwieweit Mitarbeitende für die Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregelungen verantwortlich sind. Neben klar festgelegten Zuständigkeiten sollten Führungskräfte den Beschäftigten Rückendeckung geben, wenn sie ihrer Verantwortung nachkommen.

Die regelmäßige Kommunikation zwischen Führungskräften und Beschäftigten hilft dabei, die verschiedenen Gefährdungen zu erkennen und gemeinsam sinnvolle Maßnahmen zu entwickeln. Hierbei sollten die Diversität im Team und die unterschiedliche Betroffenheit der Einzelnen durch die Pandemie ernst genommen und berücksichtigt werden.

Literatur

Berger, K.; Riedel-Heller, S.; Pabst, A. et al.: Einsamkeit während der ersten Welle der SARS-CoV-2-Pandemie – Ergebnisse der NAKO-Gesundheitsstudie. Bundesgesundheitsblatt (2021)

Peters A. et al.: The impact of the COVID-19 pandemic on self-reported health – early evidence from the German National Cohort. Dtsch Arzteb. Int 2020, 117, S. 861-867

Ravens-Sieberer, U.; Kaman, A.; Otto, C. et al.: Seelische Gesundheit und psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen in der ersten Welle der COVID-19-Pandemie – Ergebnisse der COPSY-Studie. Bundesgesundheitsblatt (2021)

Skoda, E.M.; Spura, A.; De Bock, F. et al.: Veränderung der psychischen Belastung in der COVID-19-Pandemie in Deutschland: Ängste, individuelles Verhalten und die Relevanz von Information sowie Vertrauen in Behörden. Bundesgesundheitsblatt 64, S. 322–333 (2021)

NAKO-Gesundheitsstudie

Die NAKO-Gesundheitsstudie ist eine deutschlandweite Kohortenstudie, in der Daten zur Gesundheit in der Bevölkerung unmittelbar vor und zu Beginn der Pandemie erhoben wurden. Im Rahmen der Studie werden seit 2014 Männer und Frauen zwischen 20 und 69 Jahren untersucht und zu ihren Lebensumständen befragt, dabei bilden die Teilnehmenden einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung.

COPSY-Studie

Die COPSY-Studie ist eine deutschlandweite repräsentative Studie, die die Lebensqualität und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie untersucht.

CHECK-UP Homeoffice

Das CHECK-UP Homeoffice gibt konkrete Gestaltungsempfehlungen für die Arbeit im Homeoffice und kann hier heruntergeladen werden

Handlungshilfe FBGIB-005 „Psychische Belastung und Beanspruchung von Beschäftigten während der Coronavirus-Pandemie“

Die Handlungshilfe FBGIB-005 „Psychische Belastung und Beanspruchung von Beschäftigten während der Coronavirus-Pandemie“ unterstützt dabei, die psychische Belastung in allen Phasen der Coronavirus-Pandemie im Blick zu behalten, und kann hier heruntergeladen werden.