Vier auf einen Streich: Die neue Beschäftigtenbefragung MOLA der UVB

Beschäftigtenbefragungen können ein ideales Instrument zur Organisationsdiagnostik sein. In der Praxis kommt es aber immer wieder zu Problemen durch selbst gemachte Fragebögen, Urheberrechtsstreitigkeiten oder Befragungsmüdigkeit durch zu viele verschiedene Befragungen. Mit dem MOLA-Fragebogen gibt die Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB) hier Unterstützung und Orientierung.

Die Entstehungsgeschichte

Wo stehen Organisationen? Was brauchen Unternehmen und Einrichtungen, um den Anforderungen von Gegenwart und Zukunft gerecht zu werden? Und wie geht es den Beschäftigten? Das sind Fragen, die in Betrieben und Behörden über verschiedene Wege und unterschiedliche Instrumente beantwortet werden. Hierfür nutzt man beispielsweise Kennzahlen wie Fehlzeiten, Beschäftigtenbefragungen oder Gruppeninterviews. Unfallversicherungsträger unterstützen solche Analysen im Betrieb im Themengebiet Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.

Ziel der UVB war es, ein neues Befragungsinstrument anzubieten, das auf eine ganzheitliche Organisationsdiagnostik abzielt und sowohl zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung als auch im Rahmen des Managements von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit oder der Organisationsentwicklung insgesamt eingesetzt werden kann.

Bei der Entwicklung ging es vor allem darum, ein standardisiertes Instrument zu erstellen, das wissenschaftlich geprüft und mit Vergleichswerten unterlegt ist, in dem Belastungsfaktoren und Beanspruchungsfolgen der Arbeitswelt abgebildet, Digitalisierung und neue Formen der Arbeit berücksichtigt sowie Rückschlüsse auf die Organisationskultur ermöglicht werden.

In einem Kooperationsprojekt der UVB mit einer externen Beratungsfirma sowie dem Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG) wurden zum einen die fachlichen Grundlagen erarbeitet, zum anderen wurden in Workshops und Pretests mit zwölf Betrieben und Behörden der Bundesverwaltung die inhaltliche Passung und die Verständlichkeit einzelner Fragen in der Praxis überprüft. In diesem Zusammenspiel konnte eine Betaversion des Fragebogens entwickelt werden, die in neun Organisationen zum Einsatz kam.

Im Ergebnis entstand ein Datensatz von fast 6.000 Befragten, mit dem der Fragebogen evaluiert, inhaltlich finalisiert und mit entsprechenden Vergleichswerten hinterlegt wurde.

Aufbau und Inhalt des Fragebogens

Der Fragebogen MOLA bildet die wesentlichen Belastungsfaktoren der Arbeitswelt ab, auch unter Berücksichtigung von Digitalisierung, modernen Beschäftigungsformen, der Organisationskultur sowie deren Beanspruchungsfolgen für die Beschäftigten. Der Fragebogen umfasst – basierend auf dem aktuellen Wissensstand – die wichtigsten Einflussfaktoren auf Gesundheit und Leistung im Kontext Arbeit. Daher wurde zunächst eine umfangreiche Literaturrecherche zu den folgenden Themengebieten durchgeführt: psychische Belastung und Beanspruchung, neue Formen der Arbeit, Organisationskultur sowie Kultur der Prävention.

Den Inhalten des MOLA-Fragebogens liegen vor allem die Forschungsergebnisse aus dem Projekt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ (2017) der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sowie der Studie von Rau und Buyken (2015) zugrunde. Darüber hinaus wurden die Empfehlungen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA-Arbeitsprogramm Psyche, 2017), der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) (Rau & Buyken, 2015), der gesetzlichen Krankenversicherung (DAK Gesundheit, 2020; Techniker Krankenkasse, 2009) sowie der Initiative Neue Qualität der Arbeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (INQA 2013, 2016) in der Literaturrecherche aufgegriffen. Zusätzlich wurden weitere Veröffentlichungen in einschlägigen Datenbanken zu den oben genannten Stichworten berücksichtigt. Aus den Erkenntnissen der Literaturstudie wurde ein Strukturmodell entworfen, das den Überlegungen des Belastungs-Beanspruchungs-Modells (vgl. BAuA, 2010) folgt. Das Strukturmodell beinhaltet die verschiedenen Themenfelder und ermöglichte die Ableitung von Themen und entsprechenden Skalen für die Formulierung geeigneter Items.

Die neue Beschäftigtenbefragung der UVB setzt sich aus einem Handlungsmanual sowie dem Fragebogen zusammen. Der Fragebogen ist in vier große Bereiche unterteilt. Diese können ganzheitlich und komplett eingesetzt werden, sind aber auch modular je nach Bedarf der Organisation oder der Einrichtung anwendbar.

Das Wichtigste im Überblick

MOLA ist modular als Baukastensystem aufgebaut. Der Fragebogen besteht aus vier Bereichen mit 37 Skalen (Fragenblöcke) sowie insgesamt 122 Items (Fragen). Das Antwortformat ist fünfstufig (von „trifft völlig zu“ bis „trifft gar nicht zu“).

Zur besseren Interpretation der Ergebnisse stehen Vergleichswerte nach den Strukturvariablen Alter, Geschlecht, Laufbahngruppe und Führungsverantwortung zur Verfügung. Der Einsatz des Fragebogens ist für alle interessierten Personen frei.

Grundsätzlich ist die Bearbeitung sowohl online als auch in Papierform möglich. Der empfohlene Befragungszeitraum umfasst drei bis vier Wochen, die Ausfüllzeit der Vollversion beträgt etwa 25 bis 30 Minuten. Für die Auswertung wird empfohlen, neben der deskriptiven Statistik Regression [1] und Korrelation [2] sowie Signifikanzprüfungen [3] vorzunehmen.

Den vollständigen Fragebogen sowie das Handlungsmanual mit Ergebnissen und Vergleichswerten zu allen Skalen und Items, den wissenschaftlichen Gütekriterien, Tipps zur Umsetzung und Auswertung und vieles mehr finden sich auf der Webseite der UVB.

Ergebnisse aus der Gesamtauswertung bisheriger Befragungen

Aus der Gesamtauswertung bisheriger Befragungen der UVB mit MOLA konnten unter anderem diese drei Ergebnisse ermittelt werden:

  1. Stichwort „Zufriedenheit“: Die Zufriedenheit mit der Arbeit hängt vor allem mit der erlebten Wertschätzung, dem sozialen Wohlbefinden im Team und in der Organisation insgesamt sowie dem generellen Vertrauen in die Unternehmensleitung zusammen.
  2. Stichwort „Homeoffice“: Das Gelingen zeitlicher und räumlicher Flexibilisierung hängt stark mit zwischenmenschlichen Faktoren zusammen wie kollegiales Miteinander und Führung. Hierauf sollte bei der Implementierung ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Es geht eben nicht vor allem um die technischen Voraussetzungen, sondern um die Art und Weise, wie Arbeit und Zusammenarbeit organisiert und gelebt werden.
  3. Stichwort „Veränderungsbereitschaft“: Vielleicht lässt sich hier ein kleines Klischee widerlegen. Die Skala „Veränderungsbereitschaft und Verantwortungsübernahme“ ist die von den Beschäftigten am positivsten bewertete Skala. Das heißt, die Beschäftigten sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, sind offen für Neues und stellen sich gern neuen Herausforderungen.

Fazit

Nicht nur versicherte Betriebe der UVB können auf die Beschäftigtenbefragung MOLA zugreifen, denn das Instrument ist frei zugänglich und lizenzkostenfrei einsetzbar. Für die UVB stehen nun die kontinuierliche Weiterentwicklung und Qualitätssicherung an sowie die Entwicklung eines Onlinetools.

Literatur

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) (Hrsg.): Psychische Belastung und Beanspruchung im Berufsleben: Erkennen – Gestalten, 2010

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) (Hrsg.): Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Wissenschaftliche Standortbestimmung, 2017

DAK Gesundheit (Hrsg.): DAK Gesundheitsreport: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, 33, 2020

GDA-Arbeitsprogramm Psyche (Hrsg.): Arbeitsschutz in der Praxis: Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung, 2017

Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) (Hrsg.).:  INQA-Audit Zukunftsfähige Unternehmenskultur: Fragebogen für das Mitarbeiter-Feedback. (Version 25), 2016

Rau, R. & Buyken, D.: Der aktuelle Kenntnisstand über Erkrankungsrisiken durch psychische Arbeitsbelastungen: Ein systematisches Review über Metaanalysen und Reviews. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 59 (3), 2015, S. 213–229

Techniker Krankenkasse (Hrsg.): Kundenkompass Stress, FAZ-Inst. für Management-, Markt- und Medieninformation, 2009

Aufbau des Fragebogens

Bereich 1: Arbeitsgestaltung (68 Items)
Bereich 1 berücksichtigt die Faktoren der psychischen Belastung zur Integration in die Ge-fährdungsbeurteilung entsprechend den Kriterien der Gemeinsamen Deutschen Arbeits-schutzstrategie (GDA-Arbeitsprogramm Psyche, 2017):


1.1 Arbeitsinhalt und Arbeitsaufgabe

  • Vollständigkeit der Arbeitsaufgabe
  • Handlungsspielraum
  • Abwechslungsreichtum
  • Informationsangebot und Qualifikation
  • Sinnhaftigkeit
  • Emotionale Anforderungen

1.2 Arbeitsorganisation

  • Arbeitszeitgestaltung
  • Pausengestaltung
  • Arbeitsablauf
  • Kooperation

1.3 Soziale Beziehungen

  • -    Kolleginnen und Kollegen
  • -    Vorgesetzte

1.4 Arbeitsumgebung

  • Physikalische Faktoren
  • Körperliche Anforderungen
  • Voraussetzung für sicheres Arbeiten
  • Arbeitsmittel

1.5 Neue Arbeitsformen

  • Zeitliche und räumliche Flexibilisierung
  • Technologische Unterstützung
  • Arbeitsverdichtung
  • Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit

Bereich 2: Organisationskultur (25 Items)

Bereich 2 erfasst diese organisationskulturellen Aspekte:

  • Umgang mit Veränderung
  • Wissensmanagement
  • Fehlerkultur
  • Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben
  • Vertrauen in Leitung
  • Sicherheit und Gesundheit
  • Beteiligung
  • Wertschätzung

Bereich 3: Individuelle Leistungsvoraussetzungen (16 Items)

Bereich 3 umfasst die wesentlichen Leistungsvoraussetzungen der Beschäftigten, die not-wendig sind, um sicher, gesund und erfolgreich zu arbeiten:

  • Arbeitsplanungsfähigkeit
  • Selbstwirksamkeit
  • Veränderungsbereitschaft und Verantwortungsübernahme
  • Emotionskontrolle
  • Erholungsfähigkeit

Bereich 4: Zufriedenheit und Gesundheit (13 Items)

Im Bereich 4 werden die psychische Beanspruchung und die langfristigen Folgen auf Ar-beitszufriedenheit und Gesundheit der Befragten ermittelt:

  • Zufriedenheit
  • Körperliches und geistiges Wohlbefinden
  • Soziales Wohlbefinden