Das Onlinezugangsgesetz – Herausforderung und Chance für die Unfallversicherung

Mit dem Onlinezugangsgesetz haben Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zukünftig die Möglichkeit, Leistungen der Verwaltung auch digital in Anspruch zu nehmen. Der Beitrag beschreibt die Aufgaben des Onlinezugangsgesetzes und wie die gesetzliche Unfallversicherung diese umsetzt.

Mit dem Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) soll die Verwaltung in Deutschland digitaler gestaltet werden. Hierzu wird die gesamte Verwaltung auf Bundes- und Landesebene einschließlich der Kommunen verpflichtet, Leistungen für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen auch digital anzubieten. Die vollständige Umsetzung muss bis Ende 2022 erfolgen.

Anträge, Meldungen und Anfragen sollen dabei auf Portalen elektronisch bereitgestellt und erledigt werden können. Neben dem Bundesportal[1] wird es zukünftig insgesamt 16 Landesportale sowie weitere Fachportale von anderen Behörden geben. Alle Portale werden darüber hinaus gemeinsam zu einem Portalverbund verknüpft. Damit kann auf allen Verwaltungsportalen jede Leistung gesucht und anschließend auf dem dafür vorgesehenen Portal digital erledigt werden.

Welche Verwaltungsleistungen auf den Portalen zu finden sind, wird durch den Leistungskatalog der öffentlichen Verwaltung (LeiKa) gesteuert. Er stellt ein Verzeichnis der angebotenen Leistungen über alle Verwaltungsebenen hinweg dar. Die Verwaltungsleistungen werden für den Nutzer erklärt. Sind Anträge oder Meldungen erforderlich, ist hierfür ein elektronischer Prozess anzubieten, der direkt aus dem Portal angestoßen wird.[2]

Die Umsetzung dieser Leistungen muss OZG-konform erfolgen. Eine Beurteilung dahin gehend erfolgt nach dem vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) entwickelten Reifegradmodell.[3] Es besteht aus insgesamt vier Stufen. OZG-Konformität erreichen Leistungen, die die Stufen 3 oder 4 erfüllen.

Digitalisierungsprogramm OZG Bund – Reifegradmodell, Version 1.1 | © Quelle: Eigene Darstellung/BMI
Digitalisierungsprogramm OZG Bund – Reifegradmodell, Version 1.1 ©Quelle: Eigene Darstellung/BMI

Um die Stufe 3 des Reifegradmodells zu erreichen, muss eine Verwaltung folgende Services ermöglichen: Nutzerinnen und Nutzer müssen Antragsdaten mit sämtlichen Nachweisen online übermitteln können; ebenso muss ein Bescheid online zugestellt und ein Widerspruch zu einer Verwaltungsleistung online eingelegt werden können.[4] Der Bescheid wird auf dieser Stufe auf einem sicheren Rückkanal in einem geeigneten Servicekonto[5] digital zur Verfügung gestellt. Über das Servicekonto kann bis zur Bekanntgabe von Bescheiden zukünftig die gesamte Kommunikation mit einem Bürger, einer Bürgerin oder einem Unternehmen digital erfolgen. Sofern die digitale Kommunikation von den Nutzerinnen und Nutzern gewünscht ist, muss somit ein geeignetes Servicekonto beliefert werden.

Geeignet sind zum Beispiel das Nutzerkonto Bund „Postfach“ für Bürgerinnen und Bürger oder das Postfach des Unternehmenskontos auf Basis von ELSTER[6] für Unternehmen.

Für die Stufe 4 des Reifegradmodells ist darüber hinaus das Once-Only-Prinzip zu erfüllen. Das bedeutet, dass bereits gemachte Angaben nur einmal der Verwaltung übermittelt werden müssen. Auf Wunsch des Nutzers oder der Nutzerin soll die Verwaltung für die Inanspruchnahme von Leistungen auf bereits vorhandene Daten bei anderen Behörden zurückgreifen können, anstatt sie bei den Nutzenden erneut abzufragen.[7]

Digitale Leistungen der Unfallversicherung

Neben den Bundes- und Landesbehörden betrifft die OZG-Umsetzung auch die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.

Vor diesem Hintergrund hat die gesetzliche Unfallversicherung bereits im Jahr 2018 eine Arbeitsgruppe eingerichtet und damit begonnen, die ersten drei OZG-Pilot-Services umzusetzen. Ein Jahr später wurden diese im Portalverbund auf dem Bundesportal angeboten.

Um festzulegen, welche weiteren Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung von der OZG-Verpflichtung betroffen sind, haben die DGUV und die Unfallversicherungsträger unter Einbindung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) den Leistungskatalog der Unfallversicherung erarbeitet.

Auf Grundlage der im OZG und ergänzend vom BMI festgelegten Kriterien[8] entstand ein Katalog aus insgesamt 51 Leistungen, die auf dem Bundesportal beschrieben werden müssen. 31 der insgesamt 51 Leistungen wurden zudem als OZG-relevant festgelegt, sodass ein digitales Angebot hierzu geschaffen werden muss. Dazu zählen beispielsweise die An- und Abmeldung von Unternehmen, die Meldung eines Arbeits- und Wegeunfalls, die Meldung des Verdachts auf eine Berufskrankheit und vieles mehr. Dieser Katalog wird fortwährend weiterentwickelt, ist also nicht abschließend.

Auf diesen Katalog aufbauend wurde eine Vorstudie zur Umsetzung des OZG in der gesetzlichen Unfallversicherung erstellt. Auf dieser Grundlage haben sich die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung dazu entschieden, ein gemeinsames UV-Serviceportal durch die DGUV aufzubauen.

Zur effizienten Erfüllung des gesetzlichen Auftrags wurde nach einer internen Ausschreibung eine Kooperationsvereinbarung zwischen den Unfallversicherungsträgern und der DGUV geschlossen und ein Projekt zum Aufbau des UV-Serviceportals initiiert. Ziel des Portals ist es, einen einheitlichen und zentralen Zugang zu den bislang 31 OZG-relevanten Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu schaffen.

Aktuell bereits bestehende digitale Angebote der Unfallversicherungsträger werden dadurch jedoch nicht abgelöst. Vielmehr wird ein zusätzlicher und zentraler digitaler Zugangsweg für Versicherte und Unternehmen geschaffen.

Funktionalitäten des UV-Serviceportals

Das UV-Serviceportal kann grundsätzlich über zwei Wege erreicht werden. Entweder indem eine Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung auf dem Bundesportal oder einem Landes- oder Kommunalportal gesucht und ausgewählt oder indem das UV-Serviceportal direkt angesteuert wird.

Bevor eine Leistung in Anspruch genommen werden kann, wird vom UV-Serviceportal geprüft, ob der Nutzer oder die Nutzerin eine Identifizierung benötigt. Je nachdem, welches Vertrauensniveau für eine Leistung erforderlich ist, bedarf es einer Identifikation auf dem entsprechenden Niveau.[9]

Zur Identifikation können Versicherte das Nutzerkonto Bund[10] und Unternehmen das Unternehmenskonto[11] für das digitale Ausweisen verwenden. Dazu wird das UV-Serviceportal an beide Konten angebunden.

Nach der Identifizierungsprüfung sorgt der sogenannte Trägerfinder des UV-Serviceportals im nächsten Schritt dafür, dass der Nutzer oder die Nutzerin zu dem jeweils zuständigen Unfallversicherungsträger gelangt. Dazu kann der Unfallversicherungsträger entweder direkt ausgewählt oder anhand der Eingabe einer Branche ermittelt werden.

Als Nächstes überprüft der Servicefinder, ob der ausgewählte Unfallversicherungsträger bereits eine eigene OZG-Leistung auf seinem Portal anbietet. Kann die Leistung dort online beantragt werden, leitet das UV-Serviceportal die Nutzerin beziehungsweise den Nutzer an das Angebot des Unfallversicherungsträgers weiter.

Bietet der ausgewählte Unfallversicherungsträger die Leistung nicht an, stellt das UV-Serviceportal das entsprechende Online-Formular zum Ausfüllen und Absenden bereit.[12] Vor dem Absenden kann ausgewählt werden, wie die weitere Kommunikation mit dem Unfallversicherungsträger erfolgen soll. Zu den drei Optionen zählen die digitale Kommunikation über das Postfach des entsprechenden Nutzerkontos, über DE-Mail oder analog per Post.

Die Inhalte der Formulare werden nach dem Absenden unmittelbar über den bereits etablierten, sicheren XUV-Standard an die Unfallversicherungsträger übermittelt.[13]

Die Antwort des Unfallversicherungsträgers, beispielsweise in Form eines Bescheids, erfolgt auf dem ausgewählten Kommunikationskanal.

Herausforderung Registermodernisierung

Für eine allumfassende und nachhaltige Digitalisierung der Verwaltung bedarf es neben nutzerfreundlicher und sicherer Online-Dienste noch einer weiteren wichtigen Komponente. Diese kündigt sich bereits als nächstes Großprojekt an: die Registermodernisierung.

Verwaltungsregister sind grundsätzlich für die Erfüllung der jeweiligen Aufgaben der Behörde organisiert und beinhalten in jedem Fall Stammdaten von Personen oder Unternehmen. Alle erforderlichen Daten werden vorgehalten und nur von der jeweiligen Behörde verwendet.

Mit der Registermodernisierung sollen zukünftig alle Behörden, die Daten für ihre Aufgabenerfüllung benötigen, diese schnell und unkompliziert von anderen Registern erhalten können und dürfen.[14] Der Datenschutz spielt dabei eine wichtige Rolle.

Grundlage dafür ist, dass insbesondere die OZG-relevanten Verwaltungsregister[15] von Bund, Ländern und Kommunen modernisiert und miteinander technisch verknüpft werden. Um die Identität von Personen registerübergreifend sicherzustellen und zweifelsfrei ermitteln zu können, wird die Steueridentifikationsnummer als bereichsübergreifendes Ordnungsmerkmal für Personen eingeführt. Dieses Merkmal wird in vielen Registern mitzuführen sein. Für Unternehmen wird eine bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer als bereichsübergreifendes Ordnungsmerkmal geschaffen und darüber hinaus ein Basisregister für Unternehmensstammdaten aufgebaut.

Die Registermodernisierung soll es ermöglichen, die Reifegradstufe 4 mit dem Once-Only-Prinzip zu erreichen. Das heißt: Daten, die bereits in einem Register vorliegen, müssten dann nicht noch einmal von dem Nutzer oder der Nutzerin bei einem Online-Antrag angegeben werden.

Fazit

Insgesamt bietet die Umsetzung des OZG für Bürger, Bürgerinnen und Unternehmen, aber auch für die gesetzliche Unfallversicherung einen erkennbaren Mehrwert. Bereits heute wollen Bürger, Bürgerinnen und Unternehmen immer häufiger Online-Dienste nutzen. Hierzu bedarf es eines entsprechenden Angebots vonseiten der öffentlichen Verwaltungen. Dabei ist es wichtig, dass diese Dienste komfortabel, zentral erreichbar, sicher und vollständig digital – am besten in der Reifegradstufe 4 – zur Verfügung gestellt werden. Darin liegt die Herausforderung: Nutzerinnen und Nutzer wollen nicht an der Frage der zuständigen Stelle scheitern und auch Verwaltungsleistungen sicher und bequem vom Sofa aus mit dem Mobiltelefon erledigen können.