Einsatz digitaler Werkzeuge in der Prävention – die Zukunft hat bereits begonnen
Digitale Unterstützungswerkzeuge werden erfolgreich in der Aufsichtstätigkeit der Präventionsdienste der gesetzlichen Unfallversicherung genutzt. Drei Berufsgenossenschaften berichten, was diese Werkzeuge leisten können und welche konkrete Hilfe sie bei der Betriebsbesichtigung bieten.
Aktuelle Situation
Digitalisierung, Globalisierung, zunehmende Flexibilisierung der Arbeit, neue Arbeitsformen, künstliche Intelligenz (KI), demografischer Wandel – all dies sind Themen, die die Arbeits- und zum Teil auch die Bildungswelt zunehmend bestimmen und über die seit Jahren öffentlich diskutiert wird. Auch die politisch Verantwortlichen sehen sich durch diese Entwicklungen gefordert. Sie sind gehalten, die Folgen eines in diesem Umfang nie da gewesenen Wandels in Technik, Wirtschaft, Gesellschaft und Sozialwesen zu bewerten und durch gesetzgeberische Maßnahmen zu flankieren. Laut Koalitionsvertrag ist Digitalisierung ein zentrales Element im Hinblick auf viele wichtige Herausforderungen wie zum Beispiel Klimaschutz, Entbürokratisierung und wirtschaftlichen Aufschwung.[1]
Auch die gesetzliche Unfallversicherung hat die Digitalisierung ganz oben auf ihre Prioritätenliste gesetzt.[2] Der Vorstand der DGUV zeigt mit seiner beschlossenen Position zu „Überwachung und Beratung im Wandel“[3] Wege auf, wie die gesetzliche Unfallversicherung insbesondere beim Thema Aufsicht neue Chancen und Möglichkeiten schaffen und nutzen kann. Zunehmend üben Aufsichtspersonen auch die sogenannte Lotsenfunktion aus, um einen bedarfsorientierten Service für Betriebe und Bildungseinrichtungen zu gewährleisten. Um diese Funktion sinnvoll ausfüllen zu können, benötigen sie alle für ihre Aufsichtstätigkeit relevanten Daten über die Mitgliedsbetriebe, die beim Unfallversicherungsträger vorliegen, und darüber hinausgehende sachdienliche Informationen anderer Sozialleistungsträger. Damit können Betriebe zum einen Informationen zu anderen Leistungen der Unfallversicherungsträger erhalten. Zum anderen soll zukünftig verstärkt auch zu Leistungen der weiteren Sozialleistungsträger beraten werden mit dem Ziel, alle Informationen „wie aus einer Hand“ vermitteln zu können. Grundlage dafür ist eine tiefergehende Vernetzung und die Verfügbarkeit aller relevanten Informationen für die Aufsichtspersonen. Um diesen Wandel zu ermöglichen, sind zum einen personelle, strukturelle und organisationale Entscheidungen auf Führungsebene nötig. Zum anderen sind insbesondere digitale Wissensmanagementsysteme unabdingbar, um die steigenden Anforderungen bewältigen zu können.
Wie digitale Assistenzsysteme den Menschen unterstützen können, ist bereits aus anderen Bereichen bekannt. Als Beispiele seien Fertigungsroboter in der Automobilindustrie sowie Suchmaschinen, die den Informationsfluss erleichtern, oder auch komplizierte medizinische Operationen genannt, die aus Tausenden von Kilometern Entfernung erfolgreich durchgeführt werden.
Digitale Unterstützung ist auch im Alltag vieler Menschen angekommen. Insbesondere die vergangenen zwei Jahre während der Corona-Pandemie haben zu einer dynamischen Entwicklung bei der Digitalisierung geführt. Für viele Menschen wurde die Arbeit mit Laptop, Tablet und Mobiltelefon vom heimischen Schreibtisch aus von heute auf morgen alltäglich.
Für manche Beschäftigte, darunter auch für Aufsichtspersonen der gesetzlichen Unfallversicherung, war „mobiles Arbeiten“ auch vor der Pandemie bereits etabliert. Aufsichtspersonen arbeiten seit jeher im Außendienst und sind viele Stunden ihrer täglichen Arbeit unterwegs, um vor Ort in den Mitgliedsbetrieben geeignete und wirksame Maßnahmen für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit durchzusetzen und eine Kultur der Prävention zu fördern. Dennoch hatten insbesondere die Aufsichtspersonen durch die Pandemie eine Fülle neuer Herausforderungen zu bewältigen, wie entsprechende Erfahrungsberichte für Berufsgenossenschaften[4] und Unfallkassen[5] darlegen. Zentrale Herausforderung ist und bleibt jedoch immer, die Prävention in den Betrieben und Bildungseinrichtungen zu unterstützen. Ein bedeutendes und bewährtes Mittel dafür ist die Betriebsbesichtigung (siehe Infokasten).
Eine Betriebsbesichtigung besteht üblicherweise aus den folgenden Abschnitten:
- das Einführungsgespräch
- die Besichtigung durch Begehung der Betriebsstätte oder von Betriebsteilen
- das Abschlussgespräch
Eine typische Betriebsbesichtigung ist ausführlich im Artikel „Betriebsbesichtigung der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen“ im DGUV Forum 9/2021 beschrieben.[6]
Die SmartServicePrävention App der BGHW
Abbildung 1„Das Beratungsgespräch verlief zügiger als erwartet. Jetzt bleibt noch Zeit für eine spontane Besichtigung in einem nahe gelegenen Betrieb. Nach dem Aufklappen des Diensttablets erscheinen ein elektronischer Kartenausschnitt des örtlichen Stadtplans und mein aktueller Standort. Weiterhin sind alle Mitgliedsbetriebe der näheren Umgebung auf dem Kartenausschnitt markiert (Abbildung 1). Mit dem Anklicken einer Markierung werden mir wesentliche Präventionsdaten eines Betriebes auf der gegenüberliegenden Straßenseite angezeigt: 50 Versicherte; sieben Unfälle in den vergangenen drei Jahren; besichtigt letztmalig 2018. Auf einer weiteren hinterlegten Ansichtsebene sind die Notizen zu den vorherigen Kontakten mit diesem Betrieb zu finden, ebenso die Dokumentation zur Arbeitsschutzorganisation. Nach wenigen Minuten beginne ich die Besichtigung gut informiert mit der Vorstellung am Empfang des Betriebes.“
So oder ähnlich nutzt der Präventionsaußendienst der BGHW seit Juni 2020 die „SmartServicePrävention App“ – kurz SSP-App. Dem ersten Praxiseinsatz ging eine nur zehnmonatige Entwicklungsphase voraus. An deren Anfang stand die Vorgabe der Präventionsleitung: „Wir brauchen eine smarte, digitale Lösung, mit der unsere Außendienstbeschäftigten suchen, informieren und dokumentieren können“. Ein kleines, interdisziplinär zusammengesetztes Entwicklungsteam aus BGHW-interner IT, Fachleuten für Programmierung und Softwaredesign sowie Praktikerinnen und Praktikern aus dem Präventionsaußendienst hat auf Basis dieser Vorgabe im Rahmen kreativer und iterativer Schritte eine App für den betrieblichen Einsatz auf einem Tablet entwickelt. Statt einem starren Pflichtenheft zu folgen, entstand aus einer Anfangsidee im Rahmen vieler kleiner Arbeitsaufträge ein praxistaugliches Endprodukt. Dabei fand in regelmäßigen Abständen ein Austausch mit anderen Interessenvertretungen statt, um Fragen des Personalrats, der Schwerbehindertenvertretung oder Fragen zur Gleichstellung und zum Datenschutz zu klären.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Mit der entwickelten App kann flexibel auf beliebige Datenbanken – in diesem Fall vorrangig auf die Datenbanken der Fachanwendung CUSA-Prävention (CUSA = computerunterstützte Sachbearbeitung) – zugegriffen werden.
Die SSP-App unterteilt sich in folgende wesentliche Bereiche:
SUCHEN: Neben der Suche über grundlegende Unternehmensdaten wie Adresse oder Mitgliedsnummer bietet die App eine umfassende, erweiterte Suche nach präventionsrelevanten Kriterien wie Betreuungsintensität, Anzahl Vollarbeiter, Beitrag oder Gewerbezweig. Die Suchergebnisse können sowohl in tabellarischer Form als auch auf einer Karte (Abbildung 1) dargestellt werden.
INFORMIEREN: Über die App sind alle wesentlichen über das Programm CUSA-Prävention zur Verfügung gestellten Daten einsehbar. Dazu gehören die gesamte Betreuungshistorie, Angaben zur Arbeitsschutzorganisation des Betriebes, eine Liste der Versicherungsfälle sowie die Einsicht in erstellte Präventionsschreiben (Abbildung 2). Es gibt außerdem die Möglichkeit, Daten zu Betrieben auf dem Tablet zu speichern, um diese unabhängig vom Mobilfunknetz auch offline zur Verfügung zu haben.
DOKUMENTIEREN: Die SSP-App ermöglicht die Eingabe von Betreuungsdokumentationen bereits während der Durchführung einer Besichtigung. Die eingegebenen Daten werden automatisch gesichert. Die vollständige Dokumentation kann jederzeit mobil an CUSA-Prävention übermittelt werden. Auch die Eingabe von Bögen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) ist in Vorbereitung.
Bei der Entwicklung wurde auf eine intuitive Bedienbarkeit geachtet. Zeitintensive Schulungen waren nicht erforderlich. Die Nutzenden können außerdem auf ein selbst produziertes Schulungsvideo zugreifen. Darüber hinaus stehen bei Fragen regionale Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zur Verfügung.
Neben dem Nutzen der App bietet der Einsatz des Tablets in der Außendienstpraxis weitere Vorteile. Auf das Mitführen von Papierunterlagen kann weitestgehend verzichtet werden. Den Unternehmen können beliebige Präventionsmedien unmittelbar präsentiert und bei Bedarf umgehend digital übermittelt werden. Ein elektronischer Eingabestift ermöglicht handschriftliche Notizen. Darüber hinaus erfolgt der Zugriff auf E-Mails oder den Kalender unter softwareergonomisch deutlich verbesserten Bedingungen im Vergleich zum Mobiltelefon.
Alles in allem stellt die SSP-App ein neues Arbeitsmittel dar, das den Außendienst effizienter sowie nachhaltiger gestaltet und gut ins Bild eines modernen Arbeitsschutzdienstleisters passt.
BGHM Betriebsbetreuung: Vita.APPLICATIONS
Die Anwendung vita.APPLICATIONS der BGHM erlaubt es, unter anderem sämtliche Geschäftsprozesse mit Außenwirkung abzubilden. Das heißt, sie umfasst das Beitrags- und Mitgliedschaftswesen, das Leistungswesen, die Prävention inklusive der Seminaraktivitäten und weitere Prozesse gleichermaßen. Dabei ist der Dokumenten- und Informationsfluss zwischen den einzelnen Prozessen problemlos möglich, was die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Bereichen innerhalb der BGHM unterstützt.
Für die Prozesse der Prävention kommt die Unterkategorie vita.PD zum Einsatz. Diese erlaubt die Planung und Dokumentation aller für die Betriebsbetreuung unmittelbar notwendigen Präventionsleistungen. Grundlage der Anwendung für die Betriebsbetreuung ist das Stammdatenblatt eines Mitgliedsunternehmens. Dieses zeigt neben den Kontaktdaten und der Anzahl der Versicherten auch die Art der sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung, die Anzahl der Ersthelferinnen und Ersthelfer und gegebenenfalls der Sicherheitsbeauftragten, den Stand von Gesundheitsförderungsmaßnahmen und, wenn vorhanden, eines Arbeitsschutzmanagementsystems sowie ob ein Betriebsrat vorhanden ist. Diese Angaben können im Stammdatenblatt direkt dem aktuellen Stand angepasst werden.
Den Stand der Gefährdungsbeurteilung, der Unterweisungen und den Status von Aktivitäten im Rahmen der GDA weist das Stammdatenblatt auf Basis der zuletzt durchgeführten Betriebsbetreuung aus. Beitrags-, Leistungs- und Unfallstatistik können „mit einem Klick“ angezeigt werden, ohne dass der Anwender oder die Anwenderin die Unterkategorie für die Betriebsbetreuung verlassen muss. In vita.PD erfassen die Aufsichtspersonen oder andere in der Betriebsbetreuung tätige Menschen also ihre sämtlichen betriebsbezogenen Diensthandlungen, zum Beispiel Besichtigungs-, Beratungs- und Messberichte. Betriebsbesuche können dabei auch vorgemerkt werden, sodass das System die Terminplanung ermöglicht. Zudem ist ein Routenplaner integriert.
Soweit zulässig beziehungsweise notwendig, werden auch Betriebsbetreuungen aus der Ferne dokumentiert und als solche gekennzeichnet. Auch die von Betrieben angeforderten Beratungen durch BGHM-Spezialistinnen und -Spezialisten oder von messtechnischen Untersuchungen erfolgen über das System. Entsprechende Beratungs- und Messberichte werden der Aufsichtsperson hier im Nachgang für die weitere Betreuung zur Verfügung gestellt und in der elektronischen Akte des Mitgliedsunternehmens archiviert.
Im Falle von Berufskrankheiten-Ermittlungen erlaubt das System die Erarbeitung von Stellungnahmen direkt in der Unterkategorie vita.REHA und führt so zu einem optimierten Zusammenwirken mit dem Leistungsbereich.
Über die Verbindung zur Kategorie vita.AUSBILDUNG können Seminarteilnahmen von Beschäftigten des jeweiligen Unternehmens eingesehen und Betriebe gegebenenfalls entsprechend beraten werden.
Vita.APPLICATIONS ermöglicht außerdem eine papierlose Kommunikation zwischen BGHM und Mitgliedsunternehmen: Die Präventionsbeschäftigten der BGHM können aus vita.PD heraus direkt und datenschutzrechtlich sicher über das Portal „meineBGHM“ mit einem Unternehmen kommunizieren, wenn es einen verifizierten Zugang dafür eingerichtet hat. Berichte und andere Dokumente müssen dann nicht mehr ausgedruckt und postalisch versendet werden. Auch Rückmeldungen und Anfragen der Unternehmen erreichen auf diesem Weg papierlos die in der BGHM zuständigen Personen und werden in vita.PD abgelegt. Gleiches gilt zum Beispiel auch für Unfallanzeigen.
Auch der Datenaustausch mit Dritten, wie etwa den staatlichen Arbeitsschutzbehörden oder der GDA, erfolgt automatisiert. So wird der im Rahmen der GDA notwendige anonymisierte Datenaustausch aus der Anwendung heraus angestoßen. Auch Daten zu Betriebsbesuchen der staatlichen Arbeitsschutzverwaltung fließen automatisch in das System ein. Die Anwenderinnen und Anwender erhalten darüber eine Benachrichtigung und können solche aktuellen Vorgänge somit direkt erkennen.
Ergänzt wird die Anwendung durch das Programm vita.MOBILE, mit dem sich Daten aus vita.PD importieren und offline zur Verfügung stellen lassen. So kann beim Betriebsbesuch vor Ort netzunabhängig die weitere Datenpflege erfolgen und später durch Synchronisation in die Anwendung zurückgespiegelt werden.
Für die Aufsichtspersonen liefert das Gesamtsystem eine zentrale Arbeitsplattform, auf der der gesamte Workflow des Aufsichtshandelns zu Überwachung einschließlich anlassbezogener Beratung, Beratung auf Anforderung und Ermittlung betriebsbezogen gebündelt wird.
PPMS – digitales Assistenzsystem für die Aufsicht der BGN
Die BGN hat speziell für ihre Präventionsaktivitäten ein Informationserfassungs-, Planungs- und Dokumentationssystem auf Basis einer Oracle-Datenbank entwickelt. Bei dieser Softwarelösung (PPMS – Präventions-Prozess-Management-System) handelt es sich um eine Web-Anwendung, auf die von überall aus zugegriffen werden kann, sofern eine sichere Internetverbindung über Virtual Private Network (VPN) vorhanden ist. Das Responsive Design sorgt dafür, dass sich die Darstellung jedem Endgerät wie Notebook, Smartphone oder Tablet anpasst. Das ermöglicht eine flexible, benutzerfreundliche und übersichtliche Anwendung. Gerade in der Aufsichtstätigkeit vor Ort in den Mitgliedsbetrieben profitieren die Präventionsfachkräfte von diesen Merkmalen. PPMS erlaubt zum Beispiel Aufsichtspersonen bei Betriebsbesuchen nicht nur auf bereits vorliegende Informationen zum jeweiligen Betrieb zurückzugreifen (Stammkarte, Abbildung 3), sondern unmittelbar Daten zu erfassen und Fotos hinzuzufügen, die anschließend für die Erstellung der Besichtigungs- und Anordnungsschreiben unmittelbar im System zur Verfügung stehen.
Neben den umfangreichen Basisdaten zu allen Betriebsstätten enthält PPMS weitere Informationen über das Unfall- und Berufskrankheiten-(BK-)Geschehen, Dokumentationen zu Betriebsbesichtigungen, Messberichte, Teilnahmen am Prämienverfahren, Angaben zu Schulungsmaßnahmen und vieles mehr. Zudem ermöglichen Schnittstellen zu anderen Bereichen der BGN, wie Rehabilitation und Leistungen oder Mitglieder und Beiträge, den Zugriff auf übergreifende Informationen. Datenrecherchen sowie persönliche Einstellungen und Ansichtsmasken können nach Bedarf flexibel konfiguriert und sortiert werden. Ein Risikoindex, der aus einzelnen Kennzahlen zu unterschiedlichen Themen wie dem Unfall- und BK-Geschehen und der Bewertung und Einschätzung der Aufsichtspersonen automatisch berechnet wird, unterstützt bei der Betriebsauswahl nach risikoorientiertem Ansatz.[7]
Aufsichtspersonen und Präventionsfachkräfte der BGN nutzen PPMS aber nicht nur zur Erfüllung ihrer Kernaufgaben im Rahmen der Überwachung und Beratung, sondern auch im Rahmen ihrer Lotsenfunktion zur Vermittlung von weitergehender Unterstützung durch fachlich zuständige Stellen (zum Beispiel Geschäftsbereiche, Mitglieder und Beitrag sowie Leistungswesen).
Die Weiterentwicklung des digitalen Assistenzsystems erfolgt kontinuierlich und berücksichtigt die Erfahrungen und Bedarfe, die die Aufsichtspersonen und Präventionsfachkräfte aus der praktischen Anwendung zurückspiegeln. Änderungsvorschläge werden zeitnah eingearbeitet und allen im Aufsichtsdienst tätigen Personen zur Verfügung gestellt. Auf neue Anforderungen kann schnell und flexibel reagiert werden. Anpassungszyklen wie in anderen Softwaresystemen gibt es bei PPMS nicht. So wurden zum Beispiel direkt zum Start der dritten Periode der GDA die erforderlichen Informationen und Formulare zur elektronischen Datenerfassung hinzugefügt. Nach Eingabe der im Betrieb erhobenen GDA-relevanten Daten erfolgt die weitere Verarbeitung und Zusammenführung der Ergebnisse automatisch per Mausklick. Auch die nach dem Arbeitsschutzkontrollgesetz ab 2023 geforderte elektronische Übermittlung von Daten zu Betriebsbesichtigungen mit den für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden ist nach Abstimmung und in Abhängigkeit der festzulegenden Parameter relativ schnell und problemlos realisierbar. PPMS bietet die Möglichkeit, in diesen Fällen weitere Schnittstellen einzurichten.
Eine weitere Funktion hat maßgeblich zur Effizienz der Planung und Vorbereitung von Betriebsbesichtigungen beigetragen: die Karten- und Umkreissuche. Da alle Betriebsdaten geocodiert sind, können sich Aufsichtspersonen in einer Kartendarstellung alle ihrem Zuständigkeitsbereich zugeordneten Betriebe anzeigen lassen. Die Betriebssuche in bestimmten Regionen oder Orten kann in diesem Geo-Informations-System durch die Auswahl verschiedener Filter wie Betriebsgröße, Branche, Risikoindex, Anzahl der Unfälle und vieler weiterer Kriterien entsprechend angepasst und eingegrenzt werden.
Fazit
Allen digitalen Werkzeugen gemeinsam ist, dass sie bei den Anwendern und Anwenderinnen, also den Aufsichtspersonen und Präventionsfachkräften, eine hohe Akzeptanz genießen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Werkzeuge unter Einbindung erfahrener Aufsichtspersonen entwickelt und bei Bedarf der betrieblichen Praxis fortgeschrieben werden. Auch die einfache Bedienung der Werkzeuge, die im Hintergrund eine hohe Komplexität aufweisen, ist ein wesentlicher Grund für ihre Akzeptanz.
Das Besondere der im Einsatz befindlichen digitalen Werkzeuge: Sie sind kompatibel mit bestehender Hintergrundsoftware, sie lassen sich risikobasiert einsetzen und eignen sich während der Betriebsbesichtigung zur betrieblichen Datenerfassung, zur Erstellung des Besichtigungsberichts inklusive Anordnungen oder zur Bereitstellung von Informationsmaterial und Mitteilung über Schulungsangebote für unterschiedliche betriebliche Akteure und Akteurinnen.
Um die im Positionspapier „Überwachung und Beratung im Wandel“ festgeschriebene Stärkung der Lotsenfunktion der Aufsichtspersonen sinnvoll und zielführend realisieren zu können, bedarf es der internen Zusammenführung und Nutzbarkeit aller Daten des Unfallversicherungsträgers, die für die Aufsichtstätigkeit im Rahmen der Betriebsbesichtigung von Relevanz sind (Wissensmanagementsysteme). Voraussetzung dafür ist die Schaffung entsprechender IT-Infrastrukturen. Hierbei sind die jeweils verantwortlichen Führungsebenen gefragt, um erforderliche strukturelle, organisatorische und personelle Entscheidungen zu treffen und die notwendigen Schritte einzuleiten.
Die Verknüpfung des Werkzeugs mit Möglichkeiten der Navigation gewährleistet eine effektive und effiziente Außendienstorganisation, die es erlaubt, bei unerwartet kürzeren Betriebsbesichtigungen in der näheren Umgebung rasch einen anderen Mitgliedsbetrieb zu kontaktieren.
Nicht zuletzt spielt auch der Gedanke der Nachhaltigkeit eine Rolle, beispielsweise durch reduzierten Papierbedarf, optimierte und dadurch kürzere Fahrtwege oder indem durch Dokumentation Informationen langfristig verfügbar sind und bei Bedarf sofort zur Verfügung stehen. So kann durch die Nutzung digitaler Instrumente auch ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.
Die hohe Akzeptanz der dargestellten Werkzeuge bei den Aufsichtspersonen und Präventionsfachkräften spricht dafür, dass alle Träger den Einsatz in ihren Präventionsdiensten erwägen sollten. Idealerweise sollten übergreifend nutzbare Elemente für alle verfügbar sein und eine trägerspezifische Ausgestaltung möglich bleiben. Dabei ist es ratsam, bei einer Einführung auf bestehende und bereits bewährte Lösungen zurückzugreifen.