Geschlechtergerechtigkeit im Feuerwehrwesen – Einfluss von Feuerwehrbekleidung

Feuerwehrangehörige setzen sich bei ihrer Arbeit teils erheblichen Gefahren aus. Hierbei schützt sie gut passende Feuerwehrbekleidung. Infolge schlecht sitzender Feuerwehrbekleidung kann das Wohlbefinden der Feuerwehrangehörigen sinken und die Unfallgefahr steigen. Insbesondere Feuerwehrfrauen klagen über die schlechte Passform von Feuerwehrbekleidung.

Je größer die Zufriedenheit mit der Arbeitsausstattung ist, desto eher identifizieren sich die Feuerwehrangehörigen mit ihrem Arbeitsmittel und desto sachgerechter wird es eingesetzt.[1] Darüber hinaus ist – insbesondere bei den Freiwilligen Feuerwehren im Ehrenamt – die Zufriedenheit mit den Arbeitsmitteln wichtig, da sie einen großen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit im Feuerwehrdienst hat und damit auch Einfluss auf die Bereitschaft zum Engagement.[2][3]

Datenerhebung

Das Institut für Textiltechnik der Rheinisch-Westfälischen Technische Hochschule Aachen (RWTH Aachen) hat von August bis Oktober 2021 eine Befragung der Nutzerinnen und Nutzer zum Thema Feuerwehrbekleidung durchgeführt[4] und ausgewertet.[5] Teilgenommen haben 1.734 Feuerwehrangehörige von Freiwilligen Feuerwehren, Berufsfeuerwehren, Werkfeuerwehren und Betriebsfeuerwehren. 1.223 Einzeldatensätze sind vollständig. 92 Prozent (1.364) der Befragten sind männlich, sieben Prozent (109) sind weiblich. Die geschlechterspezifische Zusammensetzung der Probanden und Probandinnen ist repräsentativ für die deutschen Feuerwehren.[6][7]

Die Antworten der Männer werden im Folgenden nicht gesondert dargestellt, da sie aufgrund des hohen Anteils unter den Befragten das Antwortverhalten dominieren.

Damit Vielfalt bei den Feuerwehren erfolgreich gelebt werden kann, ist es erforderlich, Feuerwehrfrauen mit Feuerwehrbekleidung auszustatten, in der sie gleiche Leistungen wie ihre Kameraden zeigen können, sich wohlfühlen und nicht gefährdet werden.

Ergebnisse der Befragung

Zentraler Gegenstand der Befragung ist die Zufriedenheit mit der Feuerwehrbekleidung im Feuerwehralltag (siehe Abbildung 1). Aus der Frage nach der Gesamtzufriedenheit mit der Feuerwehrbekleidung ergibt sich bereits eine Tendenz zu geschlechtsabhängigen Antworten. Bei der differenzierten Betrachtung einzelner Bekleidungsgegenstände werden teils erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern deutlich.

Frauen sind mit ihrer Bekleidung weniger zufrieden als ihre Kameraden (siehe Abbildung 1). Die Differenz in der Zufriedenheit mit der Feuerwehrbekleidung ist dort am geringsten, wo Bekleidungselemente gut einstellbar sind (zum Beispiel Feuerwehrhelm) oder bereits heute in verschiedenen Größen und Schnitten angeboten werden (zum Beispiel Flammschutzhandschuhe).

Ab 25 Prozent verbrannter oder verbrühter Körperoberfläche dritten Grades ist in jedem Falle von Lebensgefahr auszugehen. Feuerwehrhose (54 Prozent) und -jacke (37 Prozent) schützen die größte Körperfläche.[8] Daher ist eine gut sitzende Feuerwehrbekleidung an diesen Stellen besonders wichtig. Wenn Feuerwehrleute gerade bei diesen Ausrüstungsteilen über einen schlechten Sitz klagen[9], dann kann davon ausgegangen werden, dass ein höheres Unfallrisiko aufgrund mangelnder Passform der Schutzkleidung besteht.[10]

Abbildung 1: Zufriedenheit [%] mit Feuerwehrbekleidung und ausgewählten Bekleidungselementen | © Quelle: Schiffer et. al. 2021 / Grafik: kleonstudio.com
Abbildung 1: Zufriedenheit [%] mit Feuerwehrbekleidung und ausgewählten Bekleidungselementen ©Quelle: Schiffer et. al. 2021 / Grafik: kleonstudio.com

Trageversuche

Die DGUV gibt mit den DGUV Informationen 205-014[11] und 205-020[12] Handreichungen heraus, mit deren Hilfe Feuerwehren Kleidung auswählen können, die sowohl den Trägerinnen und Trägern gut passt als auch mit der restlichen Ausrüstung der Feuerwehren abgestimmt ist. Werden bei den Feuerwehren entsprechende Trageversuche durchgeführt, dann sind die Nutzerinnen und Nutzer deutlich zufriedener mit der daraufhin beschafften Feuerwehrbekleidung (siehe Abbildung 2). Die Zufriedenheit mit der beschafften Feuerwehrbekleidung ist am größten, wenn alle interessierten Feuerwehrangehörigen an den Trageversuchen teilgenommen haben. Ebenfalls hoch ist die Zufriedenheit, wenn eine repräsentative Auswahl der Feuerwehrangehörigen an den Trageversuchen teilgenommen hat.[13] Nach DGUV Information 205-014 sollen mindestens drei Personen an den Trageversuchen teilnehmen, die gemeinsam folgende Kriterien abdecken:[14]

  • unterschiedliches Geschlecht
  • unterschiedliche Körpermaße und BMI
  • verschiedene Altersgruppen
  • mindestens eine Person, die eine Brille trägt
Abbildung 2: Zufriedenheit mit der Feuerwehrbekleidung [%] in Abhängigkeit von Trageversuchen vor der Beschaffung | © Quelle: Schiffer et. al. 2021 / Grafik: kleonstudio.com
Abbildung 2: Zufriedenheit mit der Feuerwehrbekleidung [%] in Abhängigkeit von Trageversuchen vor der Beschaffung ©Quelle: Schiffer et. al. 2021 / Grafik: kleonstudio.com

Fazit und Forderungen

Frauen finden bei der Feuerwehrbekleidung schlechtere Bedingungen vor als Männer. Das körperliche Wohlbefinden von Frauen ist stärker gefährdet als bei ihren Kameraden. Bei gleicher Eignung und vergleichbaren fachlichen Leistungen von Feuerwehrangehörigen sollte nicht die technische Ausstattung für die erfolgreiche und risikoarme Teilnahme am Feuerwehralltag ausschlaggebend sein.[15][16] Damit Vielfalt bei den Feuerwehren erfolgreich gelebt werden kann, ist es erforderlich, Feuerwehrfrauen mit Feuerwehrbekleidung auszustatten, in der sie gleiche Leistungen wie ihre Kameraden zeigen können, sich wohlfühlen und nicht gefährdet werden.

Um Frauen mit Bekleidung auszustatten, die ihren Bedürfnissen gerecht wird, sollten die Feuerwehren bei der Beschaffung oder Ergänzung von Bekleidung Trageversuche in Anlehnung an die DGUV Informationen 205-014[17] und 205-020[18] durchführen. Infolgedessen wird erwartet, dass die Hersteller von Feuerwehrbekleidung auf eine höhere Nachfrage nach geschlechtsspezifischer Feuerwehrbekleidung mit einer Ausweitung der Produktpalette reagieren. Falls die Empfehlungen zu Trageversuchen in den einzelnen Feuerwehren nicht bekannt sind, sollten die Führungskräfte der Feuerwehren im Rahmen der Aus- und Weiterbildung darauf hingewiesen werden.

Die Innenministerkonferenz kann hierbei zusätzlich unterstützen. Mindestanforderungen an die technische Ausgestaltung und die Schnittmuster von Feuerwehrbekleidung werden bundeseinheitlich in der „Herstellungs- und Prüfungsbeschreibung für eine universelle Feuerwehrschutzkleidung“ (HuPF)[19] festgelegt. Statt der direkten Festlegung von Damenmaßen werden dort lediglich Korrespondenztabellen vorgelegt. Der unterschiedliche Körperbau von Frauen und Männern wird jedoch nicht berücksichtigt. Durch eine entsprechende Anpassung der HuPF hat der Gesetzgeber Einfluss auf eine Verbesserung der Ausrüstungsqualität der Feuerwehrfrauen. Dies könnte sich auch positiv auf die Erhöhung des Frauenanteils im Feuerwehrwesen auswirken.