Sind Haushaltsunfälle Privatsache? – Perspektivenwechsel durch das Homeoffice

Heim- und Freizeitunfälle sind reine Privatsache? Nicht ganz. Für betriebliche Abläufe ist es egal, ob sich der Kollege oder die Kollegin in Küche, Bad oder Garten verletzt hat oder am Fließband, im Labor, auf dem Dach: Die Person fehlt. Zunehmende Arbeit im Homeoffice macht Haushaltsunfälle auch zu einer Herausforderung für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen.

Pro Jahr ereignen sich in Deutschland rund 7,1 Millionen Unfälle in Heim und Freizeit. Die dürftige Datenlage in diesem Segment des Gesamtunfallgeschehens lässt kaum Vergleiche mit den Erhebungen zu Arbeits- und Wegeunfällen zu, doch es gibt aufschlussreiche Aspekte.
Der jüngste „Mikrozensus – Fragen zur Gesundheit“ des Statistischen Bundesamts weist für das Jahr 2017 in der Altersgruppe der 15- bis 65-Jährigen rund 325.000 Unfallverletzte auf, die Angaben zur Art des Unfalls gemacht haben.[1] Rund 102.000 dieser Verletzten nannten einen Arbeits- oder Dienstunfall als Verletzungsursache, 162.000 einen häuslichen beziehungsweise Freizeitunfall. Anders gesagt: In Küche, Bad, Garten oder auf dem Fußballplatz verletzen sich erheblich mehr Menschen als an ihrem Arbeitsplatz. Nimmt man die durchschnittliche Krankschreibungsdauer nach Verletzungen und Vergiftungen von etwa 23 Tagen,[2] die Alltagseinschränkungen und die Ausfallzeiten von Erwerbstätigen durch Arbeitsunfähigkeit hinzu, zeigt sich, dass sich häusliche und Freizeitunfälle in einem großen Ausmaß negativ auf Abläufe in Betrieben, Verwaltungen und Bildungseinrichtungen auswirken.

Homeoffice: Risiko häuslicher Unfälle betrifft mehr Menschen

Diese Zusammenhänge sind im Großen und Ganzen nicht neu, doch mit der Corona-Pandemie hat sich der Blickwinkel verändert.

Vor den ersten Lockdowns 2020 galten häusliche Unfälle, zumindest in Deutschland, als reine Privatsache.[3] Inzwischen hat sich der Anteil von Arbeitenden im Homeoffice von 13 auf 25 Prozent nahezu verdoppelt.[4] Die Zahl der Menschen, die das Risiko eines häuslichen (Arbeits-)Unfalls tragen, steigt. Damit ist allerdings nicht jeder Unfall, der sich im Homeoffice ereignet, automatisch ein Arbeitsunfall. Ausschlaggebend ist die Frage, ob die Tätigkeit in einem engen Zusammenhang mit den beruflichen Aufgaben steht. Das Bundessozialgericht (BSG) spricht von einer auf die betrieblichen Belange ausgerichteten „Handlungstendenz“.[5]

Es ist eine gute Entwicklung, dass der Unfall- und Gesundheitsschutz in Heim und Freizeit, bezogen auf das häusliche Arbeiten, stärker in die Ausgestaltung einer „Kultur der Prävention“ einbezogen wird. Sichtbar wird dies etwa durch die Informationsangebote auf den Webseiten der DGUV und ihrer Mitglieder oder im Online-Auftritt der Aktion Das sichere Haus (DSH), der vor Kurzem um die Rubrik „Homeoffice“ erweitert wurde.

Homeoffice: Menschen müssen ihre Unfallrisiken kennen

Menschen im Homeoffice müssen die Unfallrisiken in den eigenen vier Wänden kennen und sie bei der Gestaltung und Organisation ihres Arbeitsplatzes berücksichtigen. Im Vertrauten, Routinierten lauern Unfallgefahren, die unterschätzt oder nicht wahrgenommen werden, weil jeder Handgriff sitzt, weil Flure und Treppen gewohnte Wege darstellen und weil der Küchenstuhl noch immer hält, obwohl er schon oft genug als Ersatz für die Leiter herhalten musste.

In vielen Haushalten ist das Homeoffice noch immer ein Provisorium, das in Küche, Wohn- oder Schlafzimmer schnell auf- und abgebaut wird oder, mehr oder weniger behelfsmäßig, in einem Schrankfach („Cloffice“) oder einer Nische unter der Treppe eingerichtet wurde. Provisorien haben die Eigenschaft, die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls zu steigern. Schon das Fehlen einer Steckdose in Laptop-Nähe ist dann ein Risiko, wenn das zum Einsatz gekommene Verlängerungskabel eine Stolperfalle ist.

Unfall- und Gesundheitsschutz in Heim und Freizeit – Angebote der DSH

Stürze sind mit Abstand die häufigste Unfallart im Haushalt, sie zeitigen schmerzhafte und langwierige Verletzungen. Die DSH bietet auf ihrer Website eine Fülle von leicht umzusetzenden, preiswerten Tipps gegen Sturz- und Stolperfallen in Haus und Garten oder auf dem Balkon, der im Sommer zum Arbeitsplatz wird.

Fettbrände, Schnittverletzungen, Verbrühungen, Vergiftungen und Unfälle mit Strom sind weitere Unfallarten zu Hause, zu deren Vermeidung die DSH-Tipps beitragen. 

Die meisten Unfälle passieren im Haushalt | © DSH/Destatis
Die meisten Unfälle passieren im Haushalt ©DSH/Destatis

Die Aktion Das sichere Haus e. V. (DSH)

Die gemeinnützige DSH mit Sitz in Hamburg wurde 1959 gegründet. Die DSH informiert über Unfallgefahren in Heim und Freizeit – online auf der Website, in der Pressearbeit und in den sozialen Medien, klassisch mit der Herausgabe von Broschüren und zwei Magazinen, durch Vorträge und Teilnahme an Messen, Ausstellungen und Fachveranstaltungen.

Wichtige Zielgruppen der DSH-Arbeit sind Familien, Seniorinnen und Senioren, pflegende Angehörige und Arbeitende im Homeoffice.

Die Informationen der DSH sind produkt- und herstellerneutral.

Zu den Mitgliedern der DSH zählen die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand, die DGUV, die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Länderministerien und hauswirtschaftliche Berufsverbände.

Zuwendungen erhält die DSH vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie von einigen Länderministerien.

Die DSH beschäftigt vier Mitarbeitende.

Mehr über die DSH:

Website: www.das-sichere-haus.de
Unfallprävention im Homeoffice: https://das-sichere-haus.de/haeuslicher-unfall/homeoffice-sicher-zuhause-arbeiten
Ebenfalls: Facebook und Youtube

Die meisten DSH-Broschüren werden auch in größeren Mengen kostenlos abgegeben: www.das-sichere-haus.de/broschueren