Keine Befreiung von der Lastenverteilungsumlage für wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eines im Übrigen als gemeinnützig anerkannten Fußballvereins

Soweit grundsätzlich als gemeinnützig anerkannte Sportvereine neben dem Betrieb einer Abteilung mit ideeller und gemeinnütziger Zwecksetzung (Kinder- und Jugendfußball) auch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (erste Fußballmannschaft in der Regionalliga, Bistro) unterhalten, entfällt die Befreiung von den Umlagen zum Lastenausgleich und zur Lastenverteilung in diesem Umfang.

Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.07.2020 – L 4 U 619/18

Der klagende Fußballverein verfügte in den Jahren 2010 und 2011 über eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamtes, dass er steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO) diene und zu den in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) bezeichneten, von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften gehöre. Die zuständige VBG erteilte daraufhin einen Bescheid über die Befreiung von der Umlage zum Lastenausgleich und zur Lastenverteilung gemäß § 180 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VII und setzte den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung ohne Anteile zum berufsgenossenschaftlichen Ausgleichsverfahren fest. Mit Vorlage des Steuerbescheides für  2011, woraus sich unter Berücksichtigung von Freibeträgen zwar kein steuerpflichtiges Einkommen ergab, dem aber zu entnehmen war, dass der vom Verein unterhaltene einheitliche steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Steuerpflicht unterfalle, hob die VBG die Befreiung von der Lastenausgleichs- und Lastenverteilungsumlage für 2011 mit Bescheid vom 12. November 2014 auf. Sie kündigte an, in den nächsten Jahren die Umlage zum Lastenausgleich und zur Lastenverteilung auf den wirtschaftlichen Betrieb der ersten Fußballmannschaft und des Bistros zu erheben. Die Klagen des Vereins blieben in beiden Instanzen erfolglos.

Streitentscheidend ist die Auslegung des § 180 Abs. 2 SGB VII. Demnach bleiben die Entgeltsummen von Unternehmen nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten sowie von „gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Einrichtungen“ bei der Festsetzung von Beiträgen der gemeinsamen Lastentragung unberücksichtigt. Fraglich erscheint, ob der hier verwendete Begriff der Gemeinnützigkeit als eigener beitragsrechtlicher Begriff nur die einheitliche Anwendung auf eine gesamte beitragspflichtige Einrichtung (hier den klagenden Fußballverein) zulässt oder eine Aufspaltung und Beschränkung auf den Bereich mit nicht wirtschaftlicher ideeller Zwecksetzung gestattet.

Insoweit ist ein Vergleich zu § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG naheliegend, wonach für unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienenden Körperschaften die Steuerbefreiung ausgeschlossen ist, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. Weiter scheint die steuerliche Privilegierung streng an der jeweiligen Zwecksetzung orientiert, da § 51 AO für die Anwendung der Vorschriften über die Steuervergünstigung eine Körperschaft, die „ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgt“, voraussetzt. Mithin erweist sich eine Aufspaltung in den ideellen, nicht wirtschaftlichen Teil und den wirtschaftlichen Bereich – wie hier durch die beklagte VBG in ihren späteren Bescheiden auch folgerichtig umgesetzt – als sachgerechte Anwendung der Vorschriften zur Privilegierung gemeinnütziger Unternehmen.

Sollte für die Privilegierung von Unternehmen, die nicht ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgen, etwas anderes gelten? Da § 180 Abs. 2 SGB VII die Herausnahme von Entgelten für den Überaltlastausgleich von Rentenlasten, soweit er nach Entgelten verteilt wird, regelt, ist eine Erstreckung auf sämtliche Entgelte nicht geboten. Die durch § 180 Abs. 2 SGB VII verfolgte Entlastung soll Unternehmen begünstigen, die zum Wohl der Allgemeinheit ihre Betriebstätigkeit ausüben, und setzt mit dem Begriff der „Gemeinnützigkeit“ an ein vor allem im Steuerrecht geprägtes Verständnis von Tätigkeiten im Dienste der Gemeinschaft an. Daher hat sich das Bundessozialgericht (BSG) bereits in der Vergangenheit für ein einheitliches Begriffsverständnis ausgesprochen (BSG vom 15.05.2012 – B 2 U 4/11 R) und beispielsweise öffentliche Träger, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht steuerpflichtig sind und demgemäß aus dem Anwendungsbereich der Privilegierung herausfallen, zur Teilnahme am Lastenausgleich verpflichtet.  Letztlich spricht auch der Gedanke höherer Rechtssicherheit für eine entsprechende Handhabung und Anbindung an die steuerrechtliche (nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 KStG differenzierende) Behandlung. Eine andere Entscheidung durch das BSG, bei dem die durch die Vorinstanz wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision anhängig ist, wäre überraschend.