Ein Jahr Pandemie – die Erfahrungen der SVLFG

Die Coronapandemie stellte auch die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) und ihre Mitgliedsbetriebe vor große Herausforderungen. Persönliche Beratungen durch die Aufsichtspersonen sowie Präsenzseminare mussten plötzlich online abgehalten werden. Doch das war nicht die einzige Herausforderung, die das vergangene Jahr bereithielt.

Ein turbulentes Jahr liegt nun hinter der SVLFG. Im Frühjahr 2020 führte der Ausbruch der Pandemie zur Umstellung des gesamten Außen- und Innendienstes der Prävention. Besorgte Versicherte fragten, ob sich der Anbau von Gemüsepflanzen überhaupt noch lohnen würde, wenn die Ernte mit Saisonarbeitskräften oder durch zusätzliche Auflagen massiv gefährdet werde oder überhaupt nicht stattfinden könne. Durch die hohen Infektionsraten in der Fleischindustrie standen nun auch die Unterkünfte der Saisonarbeitskräfte für die Spargel- und Erdbeerernte im Fokus. Außerdem ergaben sich Fragen zum coronagerechten Verhalten auf Baustellen und zur sicheren Sortierung und Verpackung von Obst und Gemüse.

Problemfelder Einreise und Unterkunft der Saisonarbeitskräfte

Bevor Bund und Länder eine Lösung hatten, traf die SVLFG bereits Absprachen mit einzelnen Ministerien, um Handlungsanleitungen, Plakate und Beratungen vor Ort anzubieten. Gerade die Zusammenarbeit der Arbeitskräfte untereinander, die Einreise nach Deutschland und die Unterkünfte für Saisonarbeitskräfte hätten ohne aktive Ansprache einzelner Ministerien in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden zu erheblichen Problemen im Versichertenbereich führen können. Es wurden alle Kräfte dahingehend gebündelt, Kompromisse mit einzelnen Bundesländern und Verbänden bundesweit einheitlich zu regeln.

Mit sofortiger Wirkung wurden Handlungshilfen für den Außen- und Innendienst erstellt und die Beschäftigten unterwiesen. Um den Aufsichtspersonen entsprechende Rechtssicherheit zu geben, wurden die Befugnisse in den Anweisungen festgelegt. Besichtigungen und Beratungen vor Ort wurden nun hinsichtlich der Einhaltung von Hygienebedingungen telefonisch abgesprochen – Unfalluntersuchungen und angezeigte Berufskrankheiten ebenfalls. Die Ausstattung mit geprüften Hygieneartikeln stellte sich anfangs als sehr schwierig dar.

Auffallend war die große Bereitschaft der Versicherten, von den Beratungsangeboten und den erstellten Handlungshilfen Gebrauch zu machen. Insbesondere die Unterbringung und der Einsatz von Saisonarbeitskräften gingen ständig durch die Presse und sorgten für große Unsicherheiten im Berufsstand. Der Internetauftritt der SVLFG, der sofort schwerpunktmäßig darauf ausgerichtet wurde, fand großen Zuspruch. Da die Beschäftigung von Saisonarbeitskräften bei den Gesundheitsämtern angemeldet werden musste, nutzte fast jeder Betrieb die Möglichkeit, sich über die SVLFG weitere Informationen bei den Aufsichtspersonen einzuholen.

Zusammenarbeit mit Gesundheitsämtern

Durch die Aufgabenübertragung nach § 21 Abs. 3 oder 4 Arbeitsschutzgesetz wurden schwerpunktmäßig in einigen Bundesländern mit den Landesbehörden und den Gesundheitsämtern gemeinsame Besichtigungen und Beratungen durchgeführt. Der Einsatz von Saisonarbeitskräften musste den Gesundheitsämtern schriftlich gemeldet werden, die Betriebe wurden anschließend zu den Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unterbringung beraten. Bei Auffälligkeiten wurde gemeinsam besichtigt. Für die Aufsichtspersonen bestand oft die größte Schwierigkeit darin, zwischen den Anforderungen der einzelnen Gesundheitsämter und den Vertretungen der Landesbehörden einen Kompromiss zu finden. Zu den am meisten diskutierten Problemen gehörten:

  • der Transport von Saisonarbeitskräften zum Arbeitsplatz
  • die Anzahl von Beschäftigten, die in einer Arbeitsgruppe zusammenarbeiten können
  • die Anzahl der Saisonarbeitskräfte in den Schlafstätten
  • das Verhalten der Saisonarbeitskräfte in ihrer Freizeit sowie
  • die Erweiterung der Gefährdungsbeurteilung um den Bereich der Hygienemaßnahmen verbunden mit den Unterweisungen vor Ort in der jeweiligen Landessprache

Zusammen arbeiten, zusammen wohnen und zusammen die Freizeit gestalten in einer festgelegten Kleingruppe konnte das Infektionsrisiko stark einschränken. Dazu gehörte auch der gemeinsame Transport der Kleingruppe zum Feld. Die Zusammenarbeit mit den Landesbehörden, den Gesundheitsämtern und den Betrieben verlief ohne Ausnahme äußerst positiv. Gemeinsam konnten viele Probleme vor Ort gelöst werden. Allerdings wurden je nach Bundesland bestimmte Anforderungen unterschiedlich ausgelegt. Durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz wird sich das sicherlich in Zukunft ändern.

Innerhalb von vier Wochen wurden vonseiten der SVLFG Plakate, Handlungs- und Unterweisungshilfen in 13 verschiedenen Landessprachen im Internet, aber auch vor Ort zur Verfügung gestellt. Dies geschah in enger Absprache und sehr gutem Austausch mit der DGUV, sodass bundesweit die gleichen Regelungen durch die Unfallversicherungsträger präsentiert werden konnten.

Jährlich werden von den Außendienstbeschäftigten mehr als 80.000 Versicherte geschult und fortgebildet. Die Einhaltung der Hygienevorschriften in den Schulungsstätten war die größte Herausforderung für die Aufsichtspersonen. Trotz schriftlicher Absprachen mit Hotels und Gaststätten hinsichtlich der Gestaltung von Schulungsräumen zeigte die Situation vor Ort oft ein anderes Bild. Die Aufsichtspersonen mussten angesichts der konkreten Verhältnisse vor Ort entscheiden, ob die Veranstaltung stattfinden kann oder nicht.

Onlineseminare zur Versichertenbetreuung

Eine weitere Herausforderung für das Aufsichtspersonal war die Einführung von Onlineseminaren bei der Versichertenbetreuung. Sämtliche Aufsichtspersonen wurden innerhalb des Jahres mit dem System vertraut gemacht. Dies geschah durch drei jeweils dreistündige Module mit dem Ziel, auf Grundlage der vorhandenen Präsenzseminare Onlineseminare zu erarbeiten und anzubieten. Einige Onlineanbieter entsprechender Produkte ermöglichen die Durchführung von Gruppenarbeiten, die Sammlung von Ideen aus dem Kreis der Teilnehmenden, aber auch Rückfragen. Anfangs skeptisch beäugt, hat doch eine große Anzahl von Aufsichtspersonen diese Form der Vermittlung aufgegriffen. Im Jahr 2021 werden sie den Versicherten der SVLFG Onlineseminare zu bestimmten Themen anbieten.

Auch die Durchführung von Dienstbesprechungen und schnelle Informationen an das Aufsichtspersonal sind mit Online-Tools möglich. Neu ist das Angebot, sich selbstständig ohne Einladung zu bestimmten Themen einzuloggen um sich zum Beispiel über die Änderung von Vorschriften zu informieren. Die jeweils verantwortlichen Fachleute fassen die Neuerungen zusammen und präsentieren sie in einem dreistündigen Onlineseminar. Fragen werden schriftlich angenommen und beantwortet. Je nach Thema haben sich auf diese Weise mehr als 140 Aufsichtspersonen gleichzeitig informiert.

Die Pandemie wird den Aufsichtsdienst auch weiterhin massiv beeinflussen. Es wurden aber auch neue Chancen für die zukünftige Arbeit ersichtlich. Zum einen konnte die Zusammenarbeit mit den Ländern verstärkt werden, zum anderen wurden neue Formen der Versichertenkommunikation und der internen Kommunikation erfolgreich eingeführt . Diese neuen Werkzeuge gilt es nun zum Wohle der Versichertengemeinschaft in allen Bereichen der SVLFG zu nutzen und auszubauen.